Studie: Angst vor Mathe – wie schlecht ist die Stimmung unter SchülerInnen wirklich?

Katharina Looks

Mathe gilt als Angstfach Nummer Eins. Wohl jeder von uns könnte eine Horror-Geschichte aus der Schulzeit erzählen. Wir wollten es genau wissen und fanden in unserer FACT-Umfrage heraus: SchülerInnen rechnen gerne!

Wie schlecht denken SchülerInnen über Mathe wirklich? Alle Ergebnisse unserer Studie:

Inhalt dieses Artikels:

1. Studie “Angst vor Mathe”: Das denken SchülerInnen wirklich

Gerade von Mädchen hören wir die Aussage allzu häufig: “Ich bin einfach schlecht in Mathe”. Diese Frustration kann schnell in tatsächliche Angst umschlagen. Die Stiftung Rechnen beobachtet seit Jahren, dass kaum ein anderes Schulfach für so viel Angstschweiß bei Kids UND Eltern sorgt. Deshalb wollten wir wissen: Wie schlecht schneidet Mathe in den Augen der SchülerInnen wirklich ab?

Die wirklich gute Nachricht zuerst: Wir können aufatmen! Unsere repräsentative FACT-Umfrage, in der wir gemeinsam mit der Stiftung Rechnen SchülerInnen der Klassen 1 bis 7 befragt haben, zeigt: 47 Prozent, also fast die Hälfte, haben Spaß am Rechnen.*

Aber wir haben auch herausgefunden: Fast jedes zehnte Kind fürchtet sich richtig vor dem Schulfach.

Eltern haben Einfluss darauf, wie gut oder schlecht Mathe aufgenommen wird

Dabei ist für uns Erwachsene vor allem eines wichtig zu wissen: Wie hoch das Jonglieren mit Zahlen bei Kindern im Kurs steht, ist auch abhängig davon, wie gut oder schlecht die Stimmung in Bezug auf Mathefragen zu Hause ist. Reagieren die Erwachsenen selbst eher ablehnend auf Prozentrechnung und Co., steigt die Abneigung auch beim Nachwuchs – und darunter leiden die Noten.

“Eltern sollten versuchen, ihre Kinder trotz eventueller eigener Vorbehalte, für das Rechnen zu motivieren und zu begeistern. Nur so können Mädchen und Jungen ein positives Verhältnis zu Mathe entwickeln und später zu guten Rechnern im privaten und beruflichen Alltag werden”, erklärt Claudia Abjörnson, Managerin der Stiftung Rechnen.

Mathe muss zum Anfassen sein! Schüler fordern mehr Spiele, Alltagsbezug und Gruppenarbeit. Die befragten Kinder wissen sehr genau, wie ihnen der Mathematikunterricht besser gefallen könnte. Mehr als jedem dritten Schüler ist das Schulfach mit zu wenig Spielen verbunden, ein Viertel wünscht sich mehr Bezug zum echten Leben.

“Mathe macht dann keinen Spaß, wenn es nur aus dem Schieben von Zahlen besteht.”, weiß auch Daniel Bialecki, Geschäftsführer des Online-Lernspezialisten scoyo. “Kinder lernen am erfolgreichsten, wenn sie neugierig und motiviert sind. Unsere Umfrage zeigt, was die Kinder sich dazu wünschen: Matheaufgaben, die aus ihrem Lebensalltag stammen und die sie spielerisch lösen können. Das in Kombination mit einer offenen Haltung verhindert das Entstehen von Angst.”

Auch das Lösen von Rechenaufgaben in Gruppenarbeiten würde Kindern sehr gut gefallen.

Prof. Dr. Silke Ladel, Universitätsprofessorin für Didaktik der Primarstufe mit dem Schwerpunkt Mathematik an der Universität des Saarlandes fasst die Lösung für Kinder mit Angst vor Mathe passend zusammen:

“Entscheidend ist, dass Lehrpersonen und Eltern Kindern gemeinsam eine positive Einstellung zur Mathematik vermitteln und ihnen ermöglichen die Schönheit der Mathematik zu erleben und zu entdecken. Dies gelingt, wenn Kinder immer wieder Erfolge in der Mathematik erleben, sie deren Anwendungsbezug im Alltag erfahren oder durch einen spielerischen Umgang mit mathematischen Handlungen motiviert sind.”

Spezialfall: Mädchen doppelt so ängstlich wie Jungen

Trotz all der guten Nachrichten, ergab unsere Umfrage aber auch: Mädchen denken deutlich schlechter über Mathematik als Jungen und haben doppelt so häufig Angst vor dem Fach. In der fünften Klasse zeigt sogar jede dritte Schülerin eine klare Abneigung. Eine mögliche Erklärung dafür hat Petra Naumann-Kipper vom Institut Dyskalkulie-Saar: “Mädchen tendieren eher dazu, sich selbst für das ‘Versagen’ in Mathematik die Schuld zu geben. Jungen suchen die Ursache eher im Außen, also dem ‘schlechten’ Lehrer oder den Eltern, die nicht gut erklären.”

Positive Rollenbilder helfen

Die Studien einer deutschen Bildungsforscherin, Prof. Madeleine Bieg, geht noch einen Schritt weiter und zeigt, dass Mädchen Mathematik immer noch als “Jungsfach” wahrnehmen und deshalb eher dazu neigen, sich selbst schlechter in Mathe einzuschätzen, als sie tatsächlich sind. Das führt zu Blockaden und im weiteren Schritt zu schlechteren Noten.

Auch hier können Eltern und Lehrer gemeinsam an einer positiveren Wahrnehmung arbeiten und dabei auch typische Rollenbilder ändern. Genau das führt laut einer aktuellen Studie aus den USA langfristig zu einem erfreulichen Schneeballsystem. Denn je mehr sich das gesellschaftliche Bewusstsein ändert und je mehr erfolgreiche Frauen als Vorbilder dienen können, desto besser wird die Selbstwahrnehmung unter Schülerinnen.

3. Experten-Tipps: Wie Mädchen und Jungen mit einfachen Tricks besser in Mathe werden können und mit (mehr) Spaß rechnen

Alles halb so schlimm also. 😀 Besonders wichtig ist eine grundsätzlich positive Grundeinstellung zu Mathematik im Elternhaus und natürliches Lernen mit Spaß, ohne Vorurteile. Das heißt nicht, dass sich Eltern mit ihren Kindern jeden Tag ans Mathe-Büffeln machen müssen – insbesondere, wenn sie selbst eigentlich gar keine großen Rechenkünstler sind.

Unsere zwei Expertinnen Frau Prof. Dr. Ladel und Frau Naumann-Kipper verraten, wie speziell Mädchen, aber natürlich auch Jungen ihre Rechenkünste sehr einfach verbessern können und Kinder generell mit Spaß beim Lösen von Zahlenknobeleien sind.

  • Mögliche Mathelücken in einem positiven Kontext schließen – Erfolgserlebnisse schaffen

Dafür eignet sich am besten professioneller Einzelunterricht oder eine spezielleLernumgebung, die ein individuelles Lerntempo zulässt. Denn Kinder bilden sich eigene Verstehensmuster und Eselsbrücken. Deshalb ist es hilfreich, wenn Eltern ihre Kinder darin unterstützen, Themen individuell zu erlernen – viele Vorteile bieten Online-Lernprogramme in diesem Zusammenhang. Denn dabei werden Erfolgserlebnisse geschaffen, die nicht im direkten Bezug zum Lehrstoff stehen. Und gleichzeitig werden nicht nur die Leistungen verbessert, die Angst verfliegt ebenfalls wie von alleine.

  • Positives Bild von Mathematik aufzeigen

Mit Mathematik kann man wunderbare Sachen machen: Zum Beispiel ausrechnen, wie ein Haus gebaut werden muss, damit es nicht zusammenbricht. Oder das Wetter vorhersagen. Oder Computerspiele entwickeln. 

Und Mathe ist auch für alltägliche Dinge unerlässlich, zum Beispiel um eine Preisvergünstigung auszurechnen oder zu ermitteln, wieviel Tafeln Schokolade für das Taschengeld gekauft werden können … Kinder neugierig auf mathematische Herausforderungen zu machen und dadurch ein positives Bild von Mathematik zu zeichnen, motiviert Kinder automatisch.   

Sehr subtil geben beispielsweise auch die Filme “Die Entdeckung der Unendlichkeit” (Ohne Altersbeschränkung) oder “A beautiful Mind” (FSK12) einen Einblick in die faszinierende Welt der Mathematik.

  • Anwendungsbezug im Alltag schaffen

Gerade in den ersten Grundschuljahren, eigentlich schon im Vorschulalter, werden die wichtigsten Bausteine dafür gelegt, dass Mathematik eine positive Assoziation erhält. Gerade dann ist es auch noch einfach, grundlegende Bausteine im Alltag einzubauen.

Zum Beispiel: Den Weg zu den Großeltern, der Schule oder einem guten Freund auf dem Tablet eingeben und unterschiedliche Wegalternativen heraussuchen. Dann Zeit- und Wegunterschiede ausrechnen lassen.  

4. Veranstaltungshinweis: scoyo Elternabend im Netz – Keine Angst vor Mathe! Was Eltern tun können, damit Kinder Spaß am Rechnen haben

Gemeinsam mit der Stiftung Rechnen veranstalten wir von scoyo am 24. Januar 2017, 20 bis 21 Uhr, einen Elternabend mit dem Titel “Keine Angst vor Mathe! Was Eltern tun können, damit Kinder Spaß am Rechnen haben”.

Es diskutieren und antworten auf Fragen der Eltern:

  • Prof. Dr. Silke Ladel: Fachdidaktik Mathematik Primarstufe und Initiative KLEE (Kreativ Lernen, Erfolg Erleben)
  • Alexandra v. Plüskow: Lehrerin und Bildungskoordinatorin
  • Petra Naumann-Kipper: Geschäftsführerin des Instituts Dyskalkulie-Saar

Interessierte können vor und während des Elternabends ihre Fragen stellen, via:

*Repräsentative FACT-Umfrage unter 544 Kindern der Klassen 1 bis 7, erhoben im Oktober 2016.

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.