So reagieren Eltern gut auf (schlechte) Schulnoten

Katharina Looks

Die Zeugnisvergabe ist immer emotional für Kinder und Eltern.
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Was tun, wenn der Nachwuchs schlechte Schulnoten mit nach Hause bringt? Psychologin Susanne Egert gibt Eltern Tipps, die helfen, richtig zu reagieren, aufzubauen und zu motivieren.

Liebe Eltern, 

es ist Zeugniszeit und das bedeutet auch: Emotionen steigen hoch! Freude und Stolz bei den einen, Enttäuschung, Angst, vielleicht Resignation bei den anderen, und zwar bei Kindern wie Eltern.

Ob gute oder schlechte Schulnoten: So reagieren Eltern richtig

Worte, die guttun

Bringt ein Kind ein erfreuliches Zeugnis oder gute Noten mit nach Hause, sollten die Eltern das Kind natürlich ohne Einschränkung ganz doll loben. Sie sollten dem Kind sagen, wie sehr sie sich freuen, und selbstverständlich freut sich das Kind auch über eine zusätzliche Belohnung in Form einer gemeinsamen Unternehmung, eines Geschenks oder auch darüber, dass es etwas darf, was die Eltern sonst nicht ohne Weiteres erlauben.

Die Eltern sollten auch anerkennen bzw. hervorheben, dass die guten Leistungen auch damit zu tun haben, dass das Kind sich angestrengt, sich bemüht und dafür gearbeitet hat. Der Erfolg ist vermutlich nicht vom Himmel gefallen und das ist eine wichtige Erfahrung, weil das auch – in gewissen Grenzen natürlich – bedeutet, dass das Kind es zum Teil selbst in der Hand hat, erfolgreich zu sein oder nicht.

Schulnoten kann man auch ohne strenges pauken verbessern – mit der Lernapp von scoyo!

Worte, die entmutigen

Was Eltern unbedingt vermeiden sollten, ist nach dem Lob so ein Nachsatz wie: “Warum nicht gleich so?” oder “Geht doch!” oder “Aber nicht, dass du dich jetzt auf deinen Lorbeeren ausruhst!”. Damit wird das Lob entwertet und es wird das Negative betont. Das entmutigt und nimmt die Freude!

“Schelten richtet Zorn an, aber Ermunterung macht fröhliche Leute.”

Friedrich von Bodelschwingh

Sind die Schulnoten nicht so gut ausgefallen, obwohl das Kind sich nach Kräften bemüht hat und ohne dass eine wie auch immer geartete Belastung als Ursache infrage kommt, kommt es darauf an, dem Kind Mut zu machen. Das Kind darf auf keinen Fall den Eindruck gewinnen, dass es als Mensch wertlos ist, nur weil es ein schlechtes Zeugnis hat. Das wäre vernichtend und katastrophal (unter Umständen sogar gefährlich). Schule ist zwar wichtig und natürlich soll das Kind etwas lernen, aber Schule ist nicht das Leben.

Kinder müssen auf sich stolz sein können – auch bei schlechte(re)n Schulnoten

scoyo-Tipp: Kinder besitzen tolle Eigenschaften, die im Schulzeugnis nicht zur Geltung kommen können, die aber sehr viel Anerkennung verdienen. Für all diese Talente haben wir eine Vorlage für ein etwas anderes Zeugnis entwickelt, mit dem Sie das Selbstbewusstsein Ihres Kindes stärken können:

Viele Fähigkeiten und Begabungen werden in der Schule überhaupt nicht abgerufen und spielen dort keine Rolle, obwohl es vielleicht Talente sind, die jemanden im späteren Leben erfolgreich machen. Deshalb ist es wichtig, dem Kind gegenüber zu betonen, welche Begabungen es außerhalb von Schule hat.

Verdeutlichen Sie, welche Eigenschaften und Stärken es hat, die es vielleicht sogar ganz besonders machen und die Sie als Eltern auch außerhalb der Schule fördern sollten. Freizeitaktivitäten sollten gerne auch andere Akzente setzen als das, was in der Schule im Mittelpunkt steht. Sie können dem Kind auch die Chance geben, andere Fähigkeiten, Begabungen und Interessen zu entdecken und zu entwickeln.

Das Kind muss auf sich stolz sein können und die Eltern auf ihr Kind natürlich sowieso. Vielleicht ist Ihr Kind ausdauernd und hartnäckig, gibt nie auf. Oder es findet überraschende, unkonventionelle Lösungen. Vielleicht kann es besonders gut mit Menschen umgehen. Alle sogenannten Soft Skills (also der geschickte Umgang mit dem “Drumherum”) sind wichtig für Erfolg im Leben, und nicht selten sind sie sogar entscheidend!

In schlechten Noten stecken auch eine Menge Möglichkeiten

Was nützt die beste Intelligenz, wenn jemand sie nicht realisieren kann, weil er Angst hat, etwas falsch zu machen und deshalb gar nicht erst anfängt zu arbeiten. Die Grundlage für Erfolg sind Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, diese gilt es zu erhalten oder zu steigern, darauf sollten Eltern den Schwerpunkt legen, das beflügelt und gibt Mut, es noch mal anders zu versuchen. 

Vielleicht mögen Sie als Eltern auch von Ihren eigenen Erfahrungen berichten. Auch bei Ihnen wird nicht alles glattgegangen sein, aber Sie haben daraus gelernt und es wieder probiert. Und schließlich hilft es auch, daran zu denken: Nicht jede “Schleife” ist ein Umweg! Und der gerade Weg ist nicht immer der kürzeste Weg.

“Das Außergewöhnliche geschieht nicht auf glattem, gewöhnlichem Wege.” 

Johann Wolfgang von Goethe

In der – auf den ersten Blick – unangenehmen Situation “schlechte Schulnoten” stecken eine Menge Möglichkeiten. Man kann sich jetzt darüber ärgern und aufregen – das setzt Stresshormone frei und schadet Ihrem Herz-Kreislauf-System, es ändert aber nichts.

Intelligenter ist es, dafür zu sorgen, dass es möglichst nicht noch mal passiert. Jedes Ding hat (mindestens) zwei Seiten, wie wir wissen, also warum nicht die Chance suchen, die darin steckt? Was kann Ihr Kind daraus lernen, dass es ein schlechtes Zeugnis bzw. schlechte Schulnoten bekommen hat?

Überlegen Sie doch mal, was Ihre Lebenserfahrung dazu sagt, und suchen Sie dann gemeinsam mit Ihrem Kind eine Antwort. So lernt Ihr Kind gleichzeitig, sich nicht mit etwas zufriedenzugeben, das man verbessern kann, und selbst Verantwortung zu übernehmen und Änderungsstrategien zu entwickeln. Damit hätte das schlechte Zeugnis dann doch noch etwas Gutes, weil Ihr Kind daraus möglicherweise etwas fürs Leben viel Wichtigeres gelernt hat als Grammatik oder Algebra.

Schlechte Noten – was tun? Wie Sie Ihr Kind jetzt unterstützen 

Bei der Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse braucht Ihr Kind dann vermutlich wieder Ihre Hilfe. Es ist günstig, möglichst genau einzelne Schritte oder Maßnahmen gemeinsam festzulegen, wie z. B.

  • Hausaufgaben zu einem anderen Zeitpunkt zu erledigen (erst mal spielen zum Erholen oder lieber schnell die Hausaufgaben erledigen, um dann “frei” zu sein zum Spielen)
  • Hausaufgaben in einer anderen Reihenfolge zu erledigen (je nach Lerntyp erst das Leichte zum “Warmwerden”, dann das Schwierige – oder genau umgekehrt, wenn das Kind schnell ermüdet)
  • sich selbst zu belohnen, wenn ein Teil geschafft ist (10 Minuten schaukeln, Trampolin springen o. Ä.)
  • früher schlafen zu gehen
  • zu klären, wen der Nachwuchs fragen kann, wenn er etwas nicht verstanden hat, usw.

Dadurch erlebt das Kind, wie man eine unangenehme Situation aktiv bewältigen kann, anstatt unter ihr zu leiden. So gesehen könnte man sagen: Gut, dass das schlechte Zeugnis jetzt kam und nicht erst bei dem Schulabschluss!

Es gibt immer eine Lösung!

Natürlich kann es auch sein, dass ein Kind tatsächlich vollkommen überfordert ist mit dem Lernstoff, so dass auch die größte Anstrengung nicht zum Erfolg führt. Dann muss wahrscheinlich die Schulsituation daran angepasst werden. 

Alles andere würde dem Kind sehr schaden, weil es trotz allen Bemühens nur Misserfolge erlebt. Es würde irgendwann verzweifeln und womöglich aufgeben.

Niemand muss perfekt sein, wir sind schließlich keine Roboter (wobei – auch die sind vermutlich nicht perfekt)! Menschen haben unterschiedliche Begabungen, und es ist schließlich kein Charakterfehler, wenn man Mathe nicht so gut kann, egal ob “die Geschwister das doch auch können”. Dann muss man eben gucken, welche anderen Talente dieses Kind hat. Begeben Sie sich doch mal auf eine spannende “Schatzsuche” mit Ihrem Kind! Wer weiß, was für überraschende Entdeckungen Sie machen!

Ihre Susanne Egert

Über Susanne Egert

Susanne Egert ist psychologische Psychotherapeutin, Verhaltenstherapeutin und EMDR-Therapeutin. Sie arbeitet seit vielen Jahren in einer großen Jugendhilfeeinrichtung, ist Autorin des Rendsburger Elterntrainings sowie des Rendsburger Lehrertrainings und hat unter anderem das Buch „Erfolgreich erziehen helfen. Elternarbeit in Jugendhilfe, KiTa und Schule. Ein Praxisleitfaden“ geschrieben. Außerdem bildet sie bundesweit Fachkräfte im Rendsburger Elterntraining, Rendsburger Lehrertraining und zu anderen Themen fort.

Durch ihre langjährige berufliche Tätigkeit weiß sie, dass viele Konflikte zwischen Eltern, Kindern und Lehrern auf mangelndem Verständnis für den anderen beruhen. “Ich möchte dazu beitragen, dass Eltern und Kinder sich besser verstehen und ihnen dadurch das Leben ein bisschen erleichtern”, sagt die Psychotherapeutin.

Seit 2015 ist Susanne Egert Mitglied im Beirat von scoyo.

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Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.