Inhalt dieses Artikels:
1. Studie Hausaufgaben – das denken Kinder und Eltern wirklich
Es gibt wohl nur wenig, das regelmäßiger für Krach in den eigenen vier Wänden sorgt als Hausaufgaben. Wir wollten herausfinden, wie belastend die täglichen Aufgaben für Familien sind und befragten Eltern und Kinder getrennt voneinander.
Laut unserer FACT-Umfrage** empfinden 58 Prozent der 9- bis 13-jährigen Jungen und Mädchen Hausaufgaben als anstrengend. Und auch die Eltern stimmen ein: Ihrer Aussage nach fühlen sich knapp die Hälfte der Kids durch die Menge an Aufgaben überfordert (Quelle: forsa*).
So ist es nicht verwunderlich, dass sich 50 Prozent der Kinder ein Leben ohne Hausaufgaben wünscht (→ Erfahrungsberichte von Rosa und Emil). Anders sieht das bei den Eltern aus: drei Viertel der Befragten sind gegen eine Abschaffung der Hausaufgaben – trotz Stress. Ein Widerspruch?
Die zwei Seiten der Medaille
Christiane Müller ist Mutter eines elfjährigen Sohnes und kennt die Zwickmühle: “Natürlich würde ich meinem Kind wünschen, dass es keine Hausaufgaben am Nachmittag machen muss. Mal ganz davon abgesehen, dass die Hälfte davon reine Beschäftigungstherapie ist. Andererseits habe ich Angst, dass mein Kind ohne die Übung am Nachmittag den Anschluss verpasst. Das stresst mich total.”
Sie fühlt sich in der Pflicht, ihrem Sohn unter die Arme zu greifen – so wie ein Großteil der Mütter und Väter: Laut forsa helfen 26 Prozent der Erwachsenen ihren Kids fast immer oder häufig, 39 Prozent ab und zu. Dabei trauen sich 64 Prozent der befragten Jungen und Mädchen, deren Eltern helfen, die Hausaufgaben auch allein zu.
„Es hat überhaupt keinen Zweck, wenn die Eltern ihren Kindern die Hausaufgaben erledigen. Sie sollen dafür sorgen, dass vernünftig gearbeitet wird, dass feste Arbeitsgewohnheiten da sind”, so der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus. Er sieht eine große Stärke der Hausaufgaben in der Förderung von Eigenverantwortung. →Mehr dazu: Wenn Eltern bei den Hausaufgaben helfen – Plädoyer für Selbstständigkeit
Hausaufgaben können echt langweilig sein… warum nicht spielerisch in der scoyo Lernapp lernen?
Learn-Life-Balance vs. Burnout-Kids
„Schüler müssen heute ein unglaubliches Arbeitspensum bewältigen. Nach 36 Stunden Schule kommen dann noch die Hausaufgaben. Mit Prüfungen und Referaten, Sport und Musikinstrument kommen sie so auf bis zu 50 bis 60 Wochenstunden. Das stellt eine erhebliche Belastung dar“, warnt Michael Schulte-Marktwort, Kinder- und Jugendpsychiater am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.
Auch scoyo-Geschäftsführer Daniel Bialecki sieht das kritisch: „Bei Erwachsenen ist das Thema Work-Life-Balance schon lange in aller Munde und oft ein Problem. Wir sollten nun darauf achten, dass unseren Kindern genug Zeit für Freizeit bleibt.“ Er empfiehlt Eltern, im Blick zu behalten, wie umfangreich die Hausaufgaben sind. Bei Überforderung sollten Mütter und Väter das Gespräch mit den Lehrern suchen.
Wie lange dürfen Hausaufgaben dauern?
Die Vorgaben, wie lange Kinder täglich Hausaufgaben machen sollten, unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Nordrhein-Westfalen führte 2015 verbindliche Hausaufgabenzeiten ein: In der 3. und 4. Klasse müssen sie in 45 Minuten zu erledigen sein, in Klasse 5 bis 7 in 60 Minuten.
► Bei Interesse am Booklet mit allen Studienergebnissen schreiben Sie uns gerne an redaktion@scoyo.de
Keine Hausaufgaben – kann das funktionieren? Wir haben Schulen ohne Hausaufgaben unter die Lupe genommen: Schulen ohne Hausaufgaben – ein Überblick
2. Es geht auch anders: Motivations- und Achtsamkeitskärtchen
Morgens alleine am Strand spazieren gehen? Den Sonnenaufgang anschauen? Das sollen Hausaufgaben sein? Das fand der italienische Lehrer Cesare Catàs schon. Er gab seinen Schüler über die Sommerferien eine Liste mit 15 Aufgaben, die so ganz anders waren, als die üblichen Übungen. Unheimlich inspirierend, wie wir finden.
Wir haben uns dem Beispiel des Philosophie-Lehrers angeschlossen und eine eigene Liste erstellt: Mit Aufgaben, die Spaß machen, die ermutigen sich auszuprobieren, die die Achtsamkeit für sich selbst und die Mitmenschen fördern. Für alle Eltern, die diese Idee so toll finden wie wir, aber keinen Strand vor der Tür haben. Und für ihre Kinder, die auch abseits vom Schreibtisch viel Wichtiges lernen können.
3. Mitmach-Aktion: Hausaufgaben fürs Leben (plus Verlosung)
Welche Dinge halten Sie für besonders wichtig? Was wollen Sie ihren Kindern mit auf den Weg geben? Um das herauszufinden, rufen wir gemeinsam mit Bloggerin Frau Mutter zur Blogparade unter dem Hashtag #HausaufgabenfuersLeben auf. →Hier geht´s zur Blogparade.
Auch Eltern, die keinen eigenen Blog haben, können mitmachen: Posten Sie einfach Ihre Ideen hier in die Kommentare oder auf unsere Facebook-Seite. Damit nehmen Sie automatisch Teil an unserer Verlosung.*
*Unter allen Teilnehmern verlosen wir ein Motivations- und Achtsamkeitspaket von scoyo inkl. scoyo Lernmitgliedschaft für 6 Monate, Ausmalbuch, Fantasiereisen-CD, Glückstagebuch und Gartenset. Gesamtwert: knapp 200 Euro.
Außerdem veröffentlichen wir am Ende der Aktion eine Zusammenfassung aller Texte hier im scoyo ELTERN!-Magazin.
Hausaufgaben-Tipps & Tricks von Experten:
*Repräsentative forsa-Umfrage unter 1.010 Eltern von Kindern zwischen 9 und 13 Jahren, erhoben im Januar 2016. **Repräsentative FACT-Umfrage unter 503 Kindern zwischen 9 und 13 Jahren, erhoben im Januar 2016.
Viele Eltern kennen das Problem: Leistungsdruck und Schulstress bestimmen tagtäglich das Familienleben. Das Gefühl, schon in der Grundschule auf den bestmöglichen Schulabschluss des Kindes hinarbeiten zu müssen, setzt viele Familien enorm unter Druck. Die Schule, Klassenarbeiten, Tests und die Hausaufgaben rücken ins Zentrum der familiären Zeitplanung.
Dass dieses Gefühl kein individuelles Empfinden ist, sondern ein Problem, das typisch für unsere Zeit und Familien mit Schulkindern ist, belegt jetzt eine aktuelle Studie der Katholischen Stiftungsfachhochschule Benediktbeuern: „Eltern – Lehrer – Schulerfolg. Wahrnehmungen und Erfahrungen im Schulalltag von Eltern und Lehrern“. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend befragten die Sozialwissenschaftler 255 Mütter, Väter und Lehrer in mehrstündigen Interviews und analysierten die Situation von Eltern in verschiedenen Milieus. Über die Studie, die Kinder und Eltern im Hamsterrad sieht und hervorhebt, dass immer mehr Mütter zu Hause Nachhilfe geben, wurde in den Medien umfassend berichtet.
Eltern sind unzufrieden
Das Ergebnis: Eltern sind mit dem Schulsystem sehr unzufrieden, gleichzeitig ist ihnen die Bedeutung der Bildung für den späteren Lebens- und Berufsweg ihrer Kinder sehr bewusst. Je höher der Schulabschluss, desto besser die Chancen. Daraus resultiert ein Sog: Die gesamte Familie konzentriert sich auf Leistung und Noten. Gleichzeitig sind viele Eltern verunsichert, was die Erziehungsziele angeht, denn nicht jeder möchte sein Kind dem kontinuierlichen Leistungsdruck aussetzen. Das Schulsystem fordert Leistung und Fleiß, während viele Eltern sich für ihre Kinder eine freie Entfaltung wünschen. So wird Schule im Familienalltag zum Reizthema.
Mütter sind die Förderer zu Hause
Gerade Mütter sehen sich in der Verantwortung, ihr Kind auch zu Hause am Nachmittag bestmöglich zu fördern. Mit Hausaufgabenkontrolle und Nachhilfe pauken sie den Schulstoff nach, erfahren allerdings die Grenzen ihrer eigenen Möglichkeiten. Immer mehr Eltern sehen eine Privatschule oder private Förderung als einzige Lösung, um den Leistungsanforderungen gerecht zu werden und ihr Kind mit den besten Chancen auszustatten. So sind viele Eltern zerrissen zwischen Selbstentfaltungswunsch und Leistungsdruck. Denn Schule hat aus Sicht der Eltern eine Schlüsselfunktion für die Lebenschancen und -verläufe ihrer Kinder. Andererseits bleibt immer weniger Freizeit.
Die Studie betont, dass viele Mütter sich verpflichtet fühlten, am Nachmittag Zuhause zu sein, um die Kinder beim Lernen und bei den Hausaufgaben zu unterstützen. So stellten Mütter die eigenen beruflichen Ziele zurück, um den Kindern die bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Die Forscher weisen besorgt darauf hin, dass der Schuldruck so auch zu einer Rückkehr zu traditionellen Rollenmustern führe. Vor allem in der Mittelschicht fühlten sich viele Frauen verpflichtet, die nachmittägliche Unterstützung der Kinder zu priorisieren – vor der eigenen Karriere. Sie wiederholen die Schulinhalte und fragen ab, um das Wissen, dass am Vormittag vermittelt wurde, zu festigen.
Lehrer delegieren
Am Nachmittag zu Hause schulische Inhalte zu vermitteln ist eine große Verantwortung. Kommt diese Aufgabe nicht eigentlich der Schule zu? Die Studie zieht aus den Lehrerinterviews den Schluss, dass Lehrer seit der Schulreform G8 immer mehr Aufgaben an die „mitarbeitenden“ Eltern delegieren, um den Stoff in der verkürzten Zeit am Gymnasium durchzubekommen. Seit die Schulzeit auf zwölf Jahre verkürzt wurde, würden automatisch höhere Erwartungen an die elterliche Unterstützung am Nachmittag gestellt. So stehen alle Beteiligten unter Druck. Eltern sind aus Sicht der Lehrer zentral für den Schulerfolg der Kinder. Eltern sind also in der Zwickmühle:
„Die herrschende Schulkultur bindet die Eltern ungefragt ein, fordert sie und setzt sie auch moralisch unter Druck, für den Schulerfolg ihrer Kinder tätig zu werden: „Das müssen Sie tun!““ (S. 37)
Dabei sehen viele Eltern den eigenen häuslichen Zusatzunterricht eher kritisch. Sie würden ihren Kindern nach dem anstrengenden Vormittag lieber Zeit zum Spielen und für Hobbys gönnen, eben eine glückliche Kindheit. Stattdessen sehen sich Mütter gezwungen, am Nachmittag die Motivation zum Lernen aufrechtzuerhalten.
Aus Sicht der Pädagogen sind die Methoden, die Mütter nachmittags anwenden, sehr traditionell: abfragen, erarbeiten, vermitteln. Diese Lehrmethoden werden von den Verfassern der Studie als nicht unbedingt zeitgemäß und auch nicht immer effektiv beurteilt: „In empirischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei der überwiegenden Mehrzahl der Familien (84,3%) die Qualität der Hausaufgabenbetreuung durch die Eltern suboptimal ist.“ (S. 10). Die Eltern versuchen also ihr Bestes, um am Nachmittag die Schulkarriere ihrer Kinder zu sichern, stoßen aber an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit:
„Durch die gestiegene Bedeutung von Schule und durch die Schulkultur sind Eltern Antreiber ihrer Kinder und seelische Unterstützer; sie motivieren, bestärken, loben, mahnen, fangen auf. Die Eltern sehen sich als funktional notwendig und moralisch in der Pflicht, ihre Kinder bei der Stange zu halten und im Gleichschritt mit ihnen Mengen an Stoff zu bewältigen. Einige Mütter und Väter teilen sich daher die Zuständigkeit für einzelne Fächer auf: „Du machst Mathe, Bio und Physik, ich mache Deutsch und Fremdsprachen.“ Mütter und Väter begreifen und fühlen sich seitens der Schule eingebunden als „zugeordnete Delgationsinstanzen“. Sie sollen ohne systematischen Hintergrund, ohne Anleitung und ohne Rückmeldung mit ihrem Kind üben. Gleichzeitig werden Eltern die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Auswahl und die pädagogische Methodik abgesprochen. Durch die Unterstützungskultur werden Eltern zu einem „doppelten Boden“ für ihre Kinder.“ (S. 38)
Die Alternative: Entlastung durch professionelle Wissensvermittlung
Was sind also die Alternativen, um diese Situation konstruktiv zu bewältigen? Für Eltern von heute ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, um den Druck zu entschärfen:
- Privatschule: Immer mehr Eltern, gerade gehobener Milieus setzen vermehrt auf private Schulen, in denen das individuelle Potenzial des Kindes intensiv gefördert wird. Eine Lösung, die man sich leisten können muss.
- Nachhilfe: Der Markt boomt. Immer mehr private und kommerzielle Lehrangebote geben am Nachmittag zusätzlichen Förderunterricht.
- Medien als Vermittler: Kinder nutzen das Internet und digitale Medien, wie scoyo, ganz selbstverständlich und oft auch mit viel mehr Spaß, als andere zusätzliche Fördertermine. Mit medialen Lernabenteuern, die Spaß machen, kann eine gezielte und effiziente Vertiefung des Schulstoffs gewaltig Druck aus dem Familienalltag nehmen und die Eltern entlasten.
Aber wie viel Förderung hilft und wann wird Nachhilfe in der Familie zum Lernstress? Wir haben Kinder und Eltern nach ihrer Meinung gefragt. Lesen Sie mehr dazu im zweiten Teil unserer Serie:
Die im Frühjahr 2014 veröffentlichte Sondererhebung des fünften Pisa-Schulvergleichstest zeigte, dass 20 Prozent der deutschen Schüler mit dem Lösen alltäglicher Probleme überfordert sind. Dabei sind es gerade die Soft Skills, wie digitale und soziale Kompetenzen, die Schüler und Schulabgänger neben dem Fachwissen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft qualifizieren.
Deshalb beschäftigten wir uns damit, welche Fähigkeiten jeder Schüler bis zu seinem Abitur sicher beherrschen sollte und was Sie als Eltern tun können, damit Ihre Kinder auf das Leben nach der Schule vorbereitet werden.
Soziale Kompetenzen – in und außerhalb der Schule
1. Selbstständiges Arbeiten
Bei Google, in Online-Datenbanken und Foren findet man heute mit den richtigen Suchbegriffen und ein paar Klicks eine Antwort auf fast jede Frage. In der Schulzeit können Kinder dafür und bei anderen Schwierigkeiten noch Eltern oder Lehrer um Rat bitten; an der Uni und vor allem im Berufsleben wird zu Recht erwartet, dass jeder eigenständig arbeitet. Schüler müssen daher nicht nur lernen, zu recherchieren und die Ergebnisse einfach per Copy & Paste zu übernehmen, sondern auch, Fragen selbst zu beantworten, Antworten kritisch zu hinterfragen und sich etwas zuzutrauen.
Sie als Eltern können Ihre Kinder auf dem Weg zum selbstständigen Arbeiten schon früh unterstützen. Seien Sie z. B. bei den Hausaufgaben nur in der Nähe und greifen Sie nur ein, wenn eine dringliche Frage aufkommt. Erklären Sie Ihren Kindern in diesem Zusammenhang und auch beim Lernen für Klassenarbeiten, wo sie bei Fragen recherchieren können, welche Hilfsmittel es gibt und wie das Internet sinnvoll genutzt werden kann. In unserem kostenlosen Eltern-Ratgeber “Lernen im Internet” finden Sie einige Tipps und Checklisten für das Lernen mit Apps, Online-Plattformen, Internet-Videos und Co.
Darüber hinaus können Sie aber auch außerhalb des Schul- und Lernalltags die Selbstständigkeit Ihrer Kinder fördern: Lassen Sie sie zum Beispiel einfach mal selbst im Restaurant das Essen für die ganze Familie bestellen oder geben Sie die Aufgabe, die Fahrkarte für den Zoo-Ausflug zu kaufen. Bei kleineren Kindern sollten Sie das natürlich erst einmal zusammen machen und sich dann nach und nach bei gewissen Aufgaben zurücknehmen – learning by doing ist nicht umsonst eine sehr effektive Lernmethode. Weitere kreative Lernmethoden für Schüler
2. In der Kürze liegt die Würze
Im Berufsalltag kommt es darauf an, schnell Lösungen zu finden und zu kommunizieren. Schüler müssen daher lernen, zentrale Fragen zu stellen und präzise Antworten zu liefern. In Klassenzimmern kommt es jedoch ab und an zu nicht enden wollenden Diskussionen ohne Ziel, Punkt und Fazit. Das kann zwar sehr lehrreich sein, sollte aber nie dem Selbstzweck dienen. Ähnlich verhält es sich mit Hausaufgaben und Klassenarbeiten: Je mehr geschrieben wird, desto besser. Förderlich ist es da schon, wenn ein begrenzter Antwort-Platz zur Verfügung steht, der nicht überschritten werden darf.
Leider geht es in der schulischen Ausbildung hinsichtlich der Quantität zu oft noch um Mindestanforderungen: Die Hausaufgabe soll mindestens auf fünf Seiten bearbeitet werden, der Aufsatz aus mindestens zehn Sätzen bestehen. In der Uni geht es dann so weiter. Erst bei der Bachelor-Arbeit gibt es Begrenzungen. Und damit tun sich dann viele der jungen Erwachsenen schwer.
Später, wenn es um Präsentationen in der Firma geht, oder eine Zusammenfassung für den Vorgesetzten verfasst werden soll, heißt es: maximal zehn Charts, maximal eine DIN-A4-Seite. Höchste Zeit also, schon zu Schulzeiten statt Mindestanforderungen für die Länge, Maximalwerte zu lehren. Mindestanforderungen sollte es hingegen nur für die Qualität der Arbeit geben.
Auch Sie als Eltern können dabei unterstützen und diese Kompetenz auch außerhalb der Schule fördern: Trainieren Sie mit Ihren Kindern das Zusammenfassen von wesentlichen Informationen. Das muss nicht nur im schulischen Rahmen geschehen: Ein Werbeflyer, ein Zeitungsartikel oder ein Film eignet sich ebenso gut für kurze Zusammenfassungen wie ein Text aus dem Schulbuch.
3. Teamwork: gemeinsam erfolgreich zum Ziel
Natürlich gibt es Schulen, die besonderen Wert auf kooperative Lernformen und Teamwork legen. Allerdings beurteilt das heutige Bildungssystem dennoch in erster Linie Einzelleistungen der Schüler und entlässt nach dem Abschluss eine Masse an Individualisten.
In der Berufswelt werden Einsteiger mit dieser Strategie Schwierigkeiten haben: Wer nicht in der Lage ist, in einer Gruppe zu arbeiten, ein Team zu leiten, Erfolge zu teilen und Niederlagen gemeinsam zu verarbeiten, wird schnell an seine Grenzen stoßen. Es ist vor allem der Sportunterricht, der diese soziale Kompetenz in der Schule begünstigt.
Fördern Sie deshalb die Kooperationsfähigkeit Ihres Kindes auch außerhalb der Schule: Freizeitaktivitäten wie Mannschaftssportarten oder das Spielen eines Musikinstrumentes in einem Orchester stärken die Team-, die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit Ihres Kindes und somit seine sozialen Kompetenzen, die auch für die Schule wichtig sind.
4. Soziales Engagement für ein gutes Miteinander
Hilfsbereitschaft und Toleranz, auch gegenüber anderen Kulturen, gehören heute zu den Schlüsselqualifikationen eines jeden Berufseinsteigers. An diese Werte sollten Sie Ihre Kinder schon früh heranführen, damit diese im Erwachsenenalter selbstverständlich werden.
Je nach Interesse Ihrer Kinder können Sie z. B. eine ehrenamtliche Tätigkeit vorschlagen, die wichtige soziale Kompetenzen auch außerhalb der Schule vermittelt: Vielleicht hat Ihr Kind Freude daran, beim Kindergottesdienst oder bei Ferienprogrammen für jüngere Kinder zu helfen. Auch im Sportverein lernt Ihr Kind, auf Schwächere Rücksicht zu nehmen, im Team zu arbeiten und sich für andere einzusetzen.
5. Selbstorganisation – die Voraussetzung für effektives Lernen und Arbeiten
Sich den Lernstoff oder die Arbeit auf dem Schreibtisch so zu organisieren, dass man sie erfolgreich bewältigen kann, ist eine der wichtigsten Kompetenzen im Arbeitsalltag. Von der To-do-Liste bis hin zu hilfreichen Werkzeugen des Projektmanagements – Schule sollte heute unbedingt Strategien vermitteln, mit denen die Kinder lernen, selbstständig zu arbeiten. Dazu gehört auch die Fähigkeit, Aufgaben zu priorisieren und zu lernen, das Pausen, Feierabend, Wochenenden und Urlaub wichtig für den Ausgleich sind.
Alternativen Schulen wie Montessori oder Waldorf legen auf das Thema selbstbestimmtes Lernen viel Wert.
Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, sich selbst zu organisieren: Ein aufgeräumter, übersichtlicher Schreibtisch gehört ebenso dazu, wie einen Zeitplan erstellen zu können und unterschiedliche Lerntechniken zu beherrschen – und dann natürlich auch nach erledigten Aufgaben, den Nachmittag bzw. Abend mit einem leckeren Eis und einem tollen Gesellschaftsspiel ausklingen zu lassen.
6. Effektives Lernen – ein Leben lang
Karteikarten mit Vokabeln oder Matheformeln, bunt markierte Texte, die den Blick auf das Wesentliche lenken – wer verschiedene Lernstrategien passend zu seinem Lerntypen beherrscht, ist in der Schule, an der Uni und im Berufsalltag klar im Vorteil. Bringen Sie doch mal mit Gedächtnisspielen oder einem Lernstoff-Quiz Abwechslung in den Lernalltag Ihres Kindes. Ausführliche Informationen zum Thema bietet der Artikel “Erfolgreiches Lernen – die wichtigsten Voraussetzungen”.
Denn das Lernen sollte und wird mit der Schule oder dem Studium nicht aufhören: Das Stichwort heißt hier „lebenslanges Lernen“ – die Schule muss deshalb auch auf das auf das spätere Leben vorbereiten und darf soziale Kompetenzen nicht völlig außen vor lassen: Denn am Ende kommt den jungen Erwachsenen nicht nur der Schulstoff im Beruf zugute, sondern vor allem die verschiedenen Lerntechniken und Strategien, sich Wissen anzueignen. Daher ist es sehr wichtig, Kindern schon früh den Spaß am effektiven Lernen zu vermitteln.
7. Respekt und Achtung zeigen
In der schnelllebigen heutigen Gesellschaft scheint manchmal sogar die Zeit zu fehlen, um „bitte“ und „danke“ zu sagen. Umso wichtiger ist es daher, dass Eltern ihren Kindern einen respektvollen und höflichen Umgang mit dem Gegenüber vorleben. Allein die Schule für diese sozialen Kompetenzen verantwortlich zu machen, reicht lange nicht aus.
Ermutigen Sie Ihre Kinder deshalb ruhig mal, im Bus der älteren Dame den Sitzplatz anzubieten. So lernen sie, Aufgaben zu übernehmen, sich in andere hineinzuversetzen und die eigenen Interessen auch mal zurückzustellen. Letzteres sollte natürlich nicht durchgehend der Fall sein: Ein gesundes Selbstbewusstsein ist ebenso wichtig wie die Fähigkeit, zurückzustecken.
Wichtige Kompetenzen in Zeiten digitaler Medien
Die Schüler von heute sind die erste Generation, die mit den Neuen Medien wie dem Internet und seinen unzähligen Möglichkeiten aufwachsen. Besonders in den vergangenen Jahren hat die Bedeutung des Computers im Alltag und im Berufsleben stark zugenommen – ein Leben ohne Internet und PC ist heute bereits unvorstellbar. Egal ob Powerpoint-Präsentation im Schulreferat, Rücksprachen mit dem Uni-Professor oder Kundenkontakte im Job: Ein wachsender Teil des täglichen Lebens spielt sich am Computer ab.
Es ist daher neben der Vermittlung sozialer Kompetenzen unerlässlich, die Schüler auch außerhalb der Schule mit den Neuen Medien vertraut zu machen und ihre digitalen Kompetenzen zu schulen. Wir haben für Sie deshalb an dieser Stelle drei wichtige digitale Kompetenzen aufgegriffen, die schon in der Schulzeit sehr wichtig werden:
Jeder kann E-Mails schreiben, doch hapert es oft an der Verständlichkeit. Gewünscht sind Mails mit klarem Adressaten, klarem Betreff, klaren Fragen, klarem Zeithorizont, klaren Aufgaben – manchmal ist weniger eben doch mehr. Trotz aller Knappheit: Eine offizielle E-Mail muss ebenso korrekt und höflich formuliert sein wie ein Brief. Vor allem durch Chats und Instant Messaging ist die schriftliche Mündlichkeit unter Schülern jedoch weit verbreitet. Sensibilisieren Sie Ihre Kinder für den richtigen Ton je nach Adressat oder Anlass. Für die Freundin oder den Verwandten kann man auch mal salopper formulieren, der Lehrerin oder dem Lehrer sollte man aber höflicher begegnen. Fragen Sie doch mal, ob Ihre Kinder vielleicht selbst die Unterschiede kennen. Erarbeiten Sie gemeinsam eine Checkliste mit Do’s und Dont’s, die Sie ausgedruckt neben den Computer legen – so ist sie beim E-Mail schreiben griffbereit.
Powerpoint – Arbeitsergebnisse gekonnt präsentieren
Informationen jeglicher Art werden überall in der akademischen und in der Geschäftswelt mit Powerpoint vorgestellt. So praktisch das Tool ist – der richtige Umgang will gelernt sein. Deshalb sollten Kinder und Jugendliche lernen, anschauliche und gut strukturierte Präsentationen zu erstellen.
Lassen Sie sich doch das Referat von Ihrem Kind vortragen und achten Sie besonders auf die Präsentation des Ganzen: Sie sollte lediglich ein unterstützendes Element sein. Zu viel Text, Bilder oder Zahlen lenken die Aufmerksamkeit vom Redner ab, zu viele Effekte verwirren den Zuhörer. Stattdessen sollte der Fokus auf den wichtigsten Informationen liegen, nicht darauf, die mündliche Präsentation zu überlagern.
Social Networks verantwortungsvoll und kritisch nutzen
Viele Schulabgänger sind sich der Allmacht der sozialen Netzwerke nicht bewusst: Facebook- oder Twitterposts über den letzten Arbeitgeber, den letzten Urlaub oder eine wilde Party sind für viele sichtbar. So liest die Personalabteilung von den Feierexzessen und der Freundeskreis vom letzten Meeting. Ihrem Kind soziale Netzwerke oder gar das Internet gleich komplett zu verbieten, ist auf Dauer jedoch keine Lösung. Vielmehr sollten Sie Ihrem Kind klarmachen, welche Auswirkungen sein Handeln im Internet hat. Soll wirklich die ganze Welt durch einen Facebook-Post erfahren, dass man die Mathelehrerin doof findet? Ist es in Ordnung, Bilder ohne Einverständnis der abgebildeten Personen öffentlich ins Netz zu stellen? Wertvolle Tipps für Eltern und Kinder finden Sie auch im Artikel über Medienkompetenz und im Ratgeber Lernen im Internet.
Inspiriert wurde die Liste von Guy Kawasaki, der 2006 eine ähnliche Liste geschrieben hat.
Die Sinusstudie 2012 bestätigt, was vielen Eltern schon klar sein dürfte: Jugendliche von heute stehen unter immensem Leistungsdruck. Nur mit Hilfe von Freunden und Familie gelingt es, dem Stress in der Ausbildung motiviert zu begegnen und sich von unsicheren Wirtschafts- und Arbeitsplatzprognosen nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Die Kids von heute würden unter diesem Druck geradezu in die Rolle von “Mini-Erwachsenen” gedrängt, beschreiben die Forscher. „Die 14- bis 17-Jährigen stehen unter einem enormen Druck”, sagt Marc Calmbach, einer der Autoren der Sinus-Studie (zitiert nach Eltern.t-online).
Unter diesen Zwängen suchten viele Jugendliche Halt im Familienleben und im Freundeskreis. “Grundsätzlich sind Jugendliche aus allen Lebenswelten stärker an Werten wie Sicherheit und Verlässlichkeit interessiert, als früher. Der Grund: Ihr Umfeld wird immer unsicherer”, so eine Zusammenfassung im ARD-Mittagsmagazin.
Das Sinus‐Lebensweltenmodell u18 wurde mit Hilfe von 72 Einzelinterviews und schriftlichen “Hausarbeitsheften” erhoben. Außerdem wurden die Jugendlichen gebeten, ihre Zimmer zu fotografieren.
Aus den Analysen entwickelten die Experten sieben Idealtypen, die “die Jugend von heute” abbilden. SPIEGEL ONLINE und das Factsheet des Sinus-Instituts beschreiben die Typen wie folgt:
- Die Prekären, die sozial abgehängt sind und sich gern hocharbeiten würden, ohne zu wissen wie. Sie haben schwierigen Startvoraussetzungen, aber eine Durchbeißermentalität.
- Die materialistischen Hedonisten lieben Konsum und hassen Kontrolle, sind spaß‐ und freizeitorientiert und haben eine traditionelle Familienbindung.
- Die experimentalistischen Hedonisten, die abseits vom Mainstream ihr Leben spaß‐ und szeneorientiert kreativ im Hier und Jetzt gestalten wollen
- Die Sozialökologischen sind engagierte Anti-Konsumenten und engagieren sich mit sozialkritischer Grundhaltung und Offenheit aktiv für ihre Überzeugungen.
- Die Adaptiv-Pragmatischen sind laut Spiegel Online “so etwas wie die angepassten Neo-Spießer”: wohlstandsorientiert und konservativ. Sie orientieren sich an dem, was möglich erscheint und zeigen hohe Anpassungsbereitschaft.
- Die Konservativ-Bürgerlichen schreiben Selbstdisziplin groß und verzichten auf Selbstentfaltung. Sie stehen für Familien- und Heimatorientierung, Bodenständigkeit, Traditionsbewusstsein und Verantwortungsethik.
- Die Expeditiven sind die Teenager, die mit Flexibilität, Pragmatismus, Networking und Leistungswillen voller Tatendrang mobil zur Selbstverwirklichung aufbrechen.
Familie ist wichtig
Aber was bedeutet das für den Familienalltag? Der Leistungsdruck ist zu Hause allgegenwärtig. Immer mehr Jugendliche nehmen in unserer Gesellschaft wahr, dass der Wert eines Menschen an Leistung und Erfolg gemessen wird. Unter diesem Eindruck werden die sozialen Beziehungen zu Freunden und Familie immer wichtiger.
In der Presse wurde die Studie viel beachtet, da sie auch zeigt, dass es wohl keinen starren Generationenkonflikt zwischen Eltern und Jugendlichen mehr gibt, wie etwa in der Nachkriegsgeneration. Die Kinder von heute wachsen in einer Welt auf, die von Technik und Leistungsorientierung geprägt ist. Weder die Familienverhältnisse sind vorhersehbar, noch gibt es Jobgarantien oder vorhersehbare Lebensläufe. Viele Eltern helfen ihren Kindern, wo sie können, um mit den Anforderungen in der Ausbildung Schritt zu halten. Und die Kinder nehmen ihre Hilfe an. Oft zieht die ganze Familie an einem Strang, um das Projekt “Ausbildung und Berufseinstieg” zu wuppen. Bildungsforscher und Soziologe Klaus Hurrelmann sagte der Katholischen Nachrichtenagentur: “Gute Bildungspolitik bindet die Eltern ein, ergänzt und hilft ihnen bei der Erziehung und greift, falls nötig, auch korrigierend ein. Wichtig ist, dass all das nicht gegen, sondern mit den Eltern geschieht, als Erziehungspartnerschaft. Bei uns werden Elternhaus und Schule noch viel zu oft als Konkurrenten wahrgenommen. Eine sinnvolle Kombination aus beidem ist erstrebenswert.” (via Domradio).
Von ihren Schulen wünschen sich die Jugendlichen laut Eltern.t-online kompetente, empathische Lehrer mit Ausstrahlung. Erfolgserlebnisse beim Lernen würden vor allem dann motivieren, wenn der Stoff in lebensnahen Geschichten vermittelt wird. Beispielsweise mithilfe von Songtexten oder Choreografien.
News4Teachers hat einige Pressekommentare mit Überschriften von “Unter Druck” bis zu “Das Ende der Party” zur Studie zusammengestellt. Ein interessantes Interview mit dem Forscher Marc Calmbach brachte der Bayerische Rundfunk.
Die Sinus-Studie wurde von sechs Institutionen gefördert, darunter die Bundeszentrale für politische Bildung und mehrere kirchliche Institutionen.
Wer Spaß am Lernen hat, der speichert neues Wissen viel einfacher und bekommt bessere Noten – dieser Zusammenhang ist für jeden einleuchtend. Denn was man gerne macht, macht man meistens auch gut. Aber motivieren Lehrer und Unterricht heutzutage wirklich nachhaltig und legen so den Grundstein für gute Leistungen? Wir wollten wissen, wie viel Spaß Schülern das Lernen für die Schule und in der Schule macht. Dafür haben wir 860 Schülerinnen und Schüler sowie 1.005 Eltern durch unabhängige Marktforschungsinstitute befragen lassen. Das Ergebnis unserer Studie: Die meisten Kinder haben zumindest manchmal Spaß am Lernen. Doch die Unlust, zu lernen, wächst mit zunehmendem Alter der Schüler.
Nur ein Drittel der Schüler hat Spaß am Lernen
Die große Mehrheit der befragten Schüler, nämlich 52 Prozent, steht dem Büffeln mit gemischten Gefühlen gegenüber. Die positiven und negativen Ausschläge: Nur ein Drittel der Schüler gab an, dass ihnen das Lernen immer Spaß bringt, 15 Prozent hingegen haben überhaupt keinen Spaß am Lernen für die Schule. Generell gilt: Je länger Kinder die Schulbank drücken, desto weniger Freude haben sie am Lernen. Während so nur acht Prozent der Sechsjährigen „eher selten“ Spaß am Lernen haben, sind es bei den 13-Jährigen schon 27 Prozent. Ein für uns erschreckendes Ergebnis.
Kein Spaß bedeutet weniger Lernerfolg
Dass nicht jedem Kind beim Lösen von Matheaufgaben oder ähnlichem ein Lächeln auf den Lippen liegt, leuchtet ein. Mit „Spaß“ am Lernen ist aber nicht unbedingt Vergnügen und Lachen gemeint, „vielmehr meint der Begriff Motivation und Begeisterung“, so Daniel Bialecki, Geschäftsführer von scoyo. Und beides sind essenzielle Voraussetzungen für den Lernerfolg.
Die Bildungsunternehmerin Béa Beste, Gründerin von Tollabox, vergleicht das Phänomen des Lernspaßes dabei mit einer Art Flowgefühl, „das sich ergibt, wenn wir einer Tätigkeit nachgehen, die knapp unter der Überforderungsgrenze läuft. Es interessiert uns, wir können etwas erreichen, wir sind gut dabei und vertiefen uns in der Aktivität.“ Doch die Freude nimmt ab, je länger die Kinder zur Schule gehen. Die Folgen sind fatal: „In vielen Familien ist der Begriff Lernen inzwischen negativ besetzt“, meint Bialecki. Nicht selten kommt es so zum Streit zwischen Eltern und Kindern, was für die Lernmotivation der Kinder alles andere als förderlich ist.
Die Einschätzungen der Experten
Aber soll Lernen in der Schule überhaupt Spaß machen? Oder ist Lernen grundsätzlich eher unangenehm? Wir haben fünf renommierte Lernexperten und Praktiker mit den Ergebnissen der Studie konfrontiert und sie um ihre Einschätzung gebeten.
Für Michael Fritz, Lernforscher am ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm, ist der Spaß eine der wichtigsten Voraussetzungen für effektives Lernen: „Lernen, das auf Dauer keinen Spaß macht, ist zwecklos. Lernsituationen sollten deshalb so angelegt sein, dass sie dem Lernenden mindestens am Schluss das Gefühl von Erfolg, von Können und damit auch von Freude und Spaß geben.“
Diese positive Grundstimmung komme heutzutage in der Schule zu kurz, findet auch Prof. Dr. Martin Korte aus der Abteilung für Zelluläre Neurobiologie vom Institut für Zoologie an der TU Braunschweig. Das Problem liegt für Korte hierbei vor allem am Lerndruck und dem straffen Zeitplan der Schulen: „Wenn alle unter Druck lernen müssen, weil der Lehrer den Lernstoff durchbringen muss, die Schüler dem Lernstoff aber hinterher hecheln und die Eltern auch nicht mehr richtig nachkommen, dann vergeht einem der Spaß am Lernen.“
Dass diese Situation frustrierend ist, bestätigt auch Elsbeth Stern, Psychologin und Professorin der Lehr-Lern-Forschung an der ETH Zürich. Kindern fehle das Kompetenzerleben: „Sie machen keine Fortschritte und das frustriert sie.“ Hier seien nun die Lehrkräfte am Zug, deren Aufgabe es ist, „den Stoff und die Aufgaben so zu gliedern, dass die Schüler Lernfortschritte machen. Das motiviert Schüler, selbst wenn sie den Stoff nicht übermäßig interessant finden“, so Stern.
Das Bildungssystem als „Spaßbremse“ – was sagen die Lehrer?
Die Forschung schreibt dem Spaß am Lernen also eine wichtige Erfolgsfunktion zu. Doch wie sehen dies die Lehrer, die täglich mit Kindern arbeiten? Dem Gymnasiallehrer, Autor und Bildungsexperten Michael Felten ist vor allem wichtig, dass Lernfortschritte erkannt werden: „Lernen darf nicht nur vom momentanen Empfinden des Lernenden her gedacht werden, sondern auch von seinem individuellen und gesellschaftlichen Ziel. Anzustreben wären also Freude am Erkunden, Vergnügen beim Tüfteln, die Lust am Durchbeißen und Durchhalten sowie das Glück des Könnens.“ Und genau da sollten Lehrer ansetzen.
Die Bildungsunternehmerin Beste blickt kritisch auf die Bildungsstrukturen in Deutschland. Sie bezeichnet das Bildungssystem in Deutschland sogar als ein System von Spaßbremsen. Beste wünscht sich, dass das Potenzial des einzelnen Kindes stärker in den Vordergrund gestellt und mit positiven Erlebnissen gefördert wird: „Was fehlt, ist der Chancenblick – zu gucken, wo kann ich das Beste aus den Menschen herauskitzeln, wobei empfinden sie Freude.“
Druck und Frust statt Spaß und Motivation
Alarmierend an unserer Studie ist, dass der Spaß am Lernen immer mehr abnimmt, je älter die Schüler werden. Dass dieses Ergebnis keine pubertäre Meckerei ist, sondern der Lebens- und Lernwelt der Kinder entsprechen, bestätigt Neurologe Michael Fritz: „Je jünger Kinder sind, desto häufiger haben sie Erfolgserlebnisse und empfinden ihre Umgebung als ihnen wohlgesonnen.“ Aber mit zunehmenden Alter erhöht sich der Druck: „Spätestens ab Klasse 5 und 6 erleben sich immer mehr Kinder immer öfter in Situationen, in denen ihre Umgebung ihnen mitteilt: Du kriegst es nicht hin. Das demotiviert und frustriert, macht lustlos und vor allem keinen Spaß.“
Die Ursachen sieht der Lernforscher im Druck des Lehrplans, das Curriculum zu erfüllen, anstatt Zeit für die Förderung und Unterstützung des Einzelnen einzurichten: „Die Bedingungen gehen nicht auf das Leistungsvermögen, die Ausgangssituation und die Entwicklung des Individuums ein. Das Gehirn lernt dann, dass sich Anstrengung nicht lohnt.“ Im Fokus stehen also nicht die Kinder, sondern äußere Faktoren.
Das schulische Lernen bewegt sich also in einem Spannungsfeld zwischen Spaß und Pflicht. Wo kann die Lösung liegen, welches Lernen würden sich Kinder selbst verordnen? Wir haben gefragt: „Was müsste passieren, damit Lernen mehr Spaß macht?“ Die Antwort: Knapp 45 Prozent aller Kinder sagen, dass sie am liebsten mit elektronischen Medien lernen. Ein Drittel der Schüler gab an, dass sie Lerninhalte am besten behalten, wenn der Lernstoff in eine spannende Geschichte oder Erzählweise verpackt wird. Diese Aussage zieht sich durch alle Altersgruppen.
Je älter die Kinder sind, desto mehr schätzen sie Gruppenarbeit: Viele sagen, dass sie am besten lernen, indem sie anderen den Lernstoff erklären. Für die Schule wünschen sie sich mehr Projektwochen (40,7 Prozent), keine Noten und keine Hausaufgaben mehr (40 Prozent). Vor allem Jungs sind begeistert vom digitalen Lernen und wünschen sich, „mehr Aufgaben mit dem Computer zu lösen“ (40 Prozent). Der Wunsch nach mehr Computereinsatz steigt dabei tendenziell mit dem Alter.
Daniel Bialecki beobachtet die Begeisterung gegenüber digitalen Lernformen seit vielen Jahren über alle Altersklassen hinweg und schwärmt von den vielfältigen Möglichkeiten, Lernstoff digital zu gestalten: „Digitale Medien sind dynamisch und nicht statisch. Mit Animationen und Tönen sprechen sie mehrere Sinne gleichzeitig an. Bei einem digitalen Medium kann man zum Beispiel um die Erde fliegen, fremde Tiere beobachten usw. Was mehr Sinne anspricht, macht erfahrungsgemäß mehr Spaß.“
Lernmotivation – der Schlüssel zum Schulerfolg
Frustfrei lernen und Erfolge zu haben – das ist der Schlüssel zum dauerhaften Schulerfolg. Professor Korte betont den Spaß am Lernen ausdrücklich und fasst seine Forschungserkenntnisse wie folgt zusammen: „In dem Moment, wo einem das Lernen Spaß macht, geht es wie von selbst. Es hat einen Erlebnischarakter. Dann kann sich das Gehirn leichter erinnern, und das zieht einen positiven Rattenschwanz nach sich: Die Kinder müssen weniger nacharbeiten, sie arbeiten besser mit, die ganze Unterrichtsatmosphäre wird anders. Insofern kann man die Bedeutung von Spaß am Lernen gar nicht genug betonen.“
Stephanie Schiemann leitet das Netzwerkbüro Schule-Hochschule der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und engagiert sich ehrenamtlich in der Mathe-Talentförderung. Wir haben sie zum Thema Problemfach Mathematik befragt.
scoyo: Der Stiftung Rechnen zur Folge schlossen 20% der Kinder das Schuljahr 07/ 08 mit ausreichend oder schlechter ab. Nach der PISA-Studie 2009 jedoch liegt Deutschland im Fach Mathematik deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Wie ist es denn nun wirklich um die mathematischen Fähigkeiten deutscher Schüler bestellt?
Schiemann: Die mathematischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sind sehr unterschiedlich – abhängig von der Schulform und dem Einzugsgebiet einer Schule, aber auch von der Ausbildung und Motivation der dort unterrichtenden Lehrkräfte. Auch wenn es sehr gute Gegenbeispiele gibt, kann man allgemein feststellen, dass in Klassen, die über mehrere Jahre fachfremd unterrichtet werden, das Niveau sinkt. Mit der Einführung des G8 (Gymnasium in acht Jahren, von der Kl.5 bis 12) und der damit verbundenen Reduzierung der Lernzeit für die gymnasialen Kinder, sowie der Abschaffung der Leistungskurse und die Reduzierung der Mathestunden in der Oberstufe in einigen Bundesländern, wird das Niveau in den folgenden Jahren noch weiter sinken. Dazu gibt es bereits Berichte aus Ländern, die die Doppelabiturjahrgänge schon hinter sich haben.
Es gibt aber auch sehr leistungsstarke Schüler in Deutschland, die ihr Können jährlich bei nationalen und internationalen Wettbewerben bestätigen. Diese profitieren häufig von der Form des Spezialgymnasiums, speziellen schulübergreifenden Begabtenförderprojekten, die von Vereinen oder Universitäten getragen werden, oder dem intensiven persönlichen Engagement einzelner Lehrkräfte.
Grundsätzlich zählt das Schulfach Mathematik in Deutschland allerdings zu den Top-3-Fächern, die für eine Nicht-Versetzung bzw. einen Schulwechsel auf einen niedrigeren Schultyp verantwortlich sind. Die weit verbreiteten schwachen Mathematikleistungen führen dazu, dass Mathematik das Schulfach ist, in dem am meisten außerschulische Unterstützung nachgefragt wird. Viele Eltern können ihren Kindern fachlich in Mathematik schon ab der 5. Klasse nicht mehr helfen, sodass Nachhilfe angeraten und sehr oft auch genommen wird. Leider können sich dies nicht alle Eltern leisten. Kostenlose Unterstützungssysteme sind leider nur für etwa ein Drittel der Schüler/-innen verfügbar.
Mathestress muss nicht sein! Mit der scoyo Lernapp Mathe im eigenen Tempo lernen – und mit Spaß!
scoyo: Warum bereitet Mathematik vielen Kindern große Schwierigkeiten in der Schule?
Schiemann: Das liegt unter anderem an den Lerninhalten in den Rahmenplänen. Es wird zum Teil nicht berücksichtigt, dass für bestimmte Themen das notwendige Abstraktionsvermögen in der entsprechenden Altersstufe noch nicht ausgebildet ist. In diesen Momenten formt sich das Gefühl, Mathe ist zu schwer! Zudem ist der Mathematikstoff hierarchisch aufgebaut, d.h. er ist so beschaffen, dass Lücken in den ersten Schuljahren dazu führen, dass man die Inhalte der nachfolgenden Jahre nicht mehr richtig einordnen und begreifen kann. Sowohl im Verständnis der Objekte, als auch im Beherrschen der Rechenmethoden, quasi der Werkzeuge der Mathematik, treten dann Lücken auf, die sich fortlaufend vergrößern. In diesem Punkt sind meines Erachtens Übungsprogramme mit eingebauter Fortschrittsanalyse und Diagnosetools, wie sie z.B. bereits online bei scoyo oder bettermarks oder auch bei den Schulbuchverlagen verfügbar sind, durchaus sinnvoll. Mithilfe der Programme können gezielt Lücken geschlossen werden und im Regelunterricht Platz für die aktuellen weiterführenden Inhalte, logisches Denken und Problemorientierung machen.
Das Gefühl, das Mathe zu schwer für normale Schüler ist, wird in besonderer Weise von der erwachsenen Gesellschaft bestätigt, denn es ist immer noch en vogue, dass sich Vorbilder in der Öffentlichkeit, aber auch im Privaten damit brüsten, Mathematik nie gekonnt zu haben und trotzdem gut durchs Leben zu kommen. Auch werden Anstrengungen in Ausdauer und Konzentration oder auch das Auswendiglernen, z.B. von Quadratzahlen, allgemein nicht mehr als notwendig und positiv erachtet, sondern allzu häufig als überflüssig oder Überforderung abgetan. Ohne diese Anstrengungsbereitschaft kann Mathematik aber – auch in der Schule – nicht betrieben werden.
Jedem ist klar, dass ohne Sprache eine Gesellschaft nicht funktioniert, jedoch würde ohne die Mathematik kein Auto fahren, kein Handy funktionieren und kein Haus stehen. Die fundamentale Bedeutung der Mathematik muss wesentlich stärker in den Vordergrund gestellt werden. Hierzu muss im Mathematikunterricht deutlicher werden, wo sich im Alltag überall Mathematik befindet. Dies würde den Schülern helfen, die Notwendigkeit zu erkennen Mathematik zu lernen. Um die Anwendungsbezüge der Mathematik im Alltag deutlicher zu machen sollten aktuelle Themen aufgegriffen werden, z.B. beim Thema Gesundheit „Wie groß ist das Atomkraftrisiko oder die Wahrscheinlichkeit an EHEC zu erkranken?“ „Wie verbreitet sich eine ansteckende Krankheit?“ oder im Schulalltag „Wie viel Geld müssen wir einnehmen, damit wir beim Schulfasching kein Minus machen?“, „Wie kalkuliert man eine Klassenfahrt?“ oder „Wie gestalte ich ein gerechtes Wahlverfahren für den Schulsprecher?“ oder „Wie stelle ich ein Wahlergebnis vernünftig dar?“ usw.
scoyo: Was macht die Schule bei der Vermittlung von Mathematik aus Ihrer Sicht falsch?
Schiemann: Die Stofffülle und Zeitknappheit lässt den Lehrern wenig Spielraum. Die standardisierten Tests schränken den Unterricht zusätzlich inhaltlich weiter ein. Der 45-Minuten-Takt ermöglicht kein längeres, konzentriertes und intensives Arbeiten an einem Thema (z.B. bei einem Projekt oder einem komplexerem Problem) und erschwert somit entdeckendes Lernen. Selbst etwas zu entdecken und zu begreifen ist jedoch unheimlich wichtig für das Verständnis. Außerdem macht dies besonders viel Spaß und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern somit positive Emotionen mit der Mathematik aufzubauen. Reine Reproduktion, also Vormachen-Nachmachen von irgendwelchen Rechenverfahren, stärkt das Verständnis der Sache kaum und hilft nur beim Lösen der einfachsten Aufgaben in der Klassenarbeit (keine-5-Strategie).
Lehrerinnen und Lehrer arbeiten vielfach „nur“ mit dem eingeführten Lehrbuch und nehmen sich keine Zeit für eine individuelle aktuelle Unterrichtsvorbereitung. Dies liegt vielfach am vollgestopften Wochenplan. Weiterhin gibt es nur eingeschränkt Fortbildungsangebote für Lehrer und diese werden außerhalb aber auch während der Unterrichtszeit zu wenig genutzt. Zudem werden Lehrkräfte bei Fortbildungen während der Unterrichtszeit nur bedingt freigestellt. Es ist ein Versäumnis der Bildungspolitik/Schulverwaltung, dass keine ausreichende Lehrerversorgung eingeplant wird, um Fortbildungen, Krankheitsvertretung und das sehr fruchtbare Team-Teaching oder Hospitationen sowie die qualifizierte Nachmittagsbetreuung zu ermöglichen. In Klassen mit über 30 Schülern ist eine individuelle Betreuung praktisch nicht möglich.
Auch muss das Angebot für Unterstützung, vor allem nachmittags speziell für Benachteiligte weiter ausgebaut werden. Vielen Eltern fehlt die Zeit, der Wille oder das fachliche Verständnis um ihren Kindern zu helfen. Mit dem Ausbau der Ganztagsschulen und dem Bildungspaket sind zumindest Schritte in die richtige Richtung erkennbar.
scoyo: Wie kann man als Elternteil sein Kind motivieren und Spaß an Mathe vermitteln?
Wenn man selbst nicht in der Lage ist, sein Kind mathematisch zu fordern und zu fördern, kann man nach geeigneten Personen im Umfeld (Großeltern, Geschwister, Nachbarn etc.) oder Institutionen suchen, die das leisten können. Empfehlenswert ist auch der Besuch einer mathematischen Ausstellung (die Suche „Matheausstellung“ bei Google liefert mehr als 1.300 Ergebnisse) bis hin zu mathematischen Schul-AGs, Wettbewerben (z.B. www.mathe-kaenguru.de oder www.mathekalender.de) oder Talentförderungen.
Außerdem gibt es sehr viele schöne Mathematik-Lehr- und -Lernfilme im Schulfernsehen, z.B. beim SWR-WDR, die man über www.planet-schule.de findet. Sie vertreiben schöne und interessante Filme mit mathematischen Hintergründen, Themen und Biographien.
Nicht zuletzt kann man die vielen Berechnungen, die man im Alltag anstellt, von klein auf mit den Kindern zusammen machen. Im Supermarkt: Welche Packung ist günstiger? Ist der Rabatt wirklich ein lohnednes Angebot? Beim Schulweg: Welcher Schulweg ist der kürzeste? Wie lange brauche ich? Im Auto: Wie weit komme ich noch mit der Tankfüllung oder welcher Weg ist wohl der beste, schnellste, kürzeste? Bei Verträgen: Welcher Handyvertrag ist für mich der Günstigste? Beim Wohnung renovieren: Wie viel Tapete, Kleister, Farbe, Pakete Laminat, Parkett, Fliesen oder Teppich brauche ich, um nicht zu viel oder zweimal einkaufen zu müssen? Wie kann ich die Streckenlänge oder die Winkel bestimmen, die ich hinter der Heizung nicht messen kann? Kann ich den Schrank dorthin stellen oder ist er zu hoch? Spiegelungen, Projektionen, Abbildungen, … – die Mathematik ist überall. Man muss sie nur sehen.
Am wichtigsten ist, das Denken und Fragen, Weiterdenken und Weiterfragen nicht abzuwürgen und die Anstrengung zu fördern, auch wenn das für einen selbst Energie kostet.
Stephanie Schiemann
Gymnasiallehrerin Stephanie Schiemann
© Stephanie Schiemann
Stephanie Schiemann war 16 Jahre Gymnasiallehrerin in Niedersachen, war Schulbuchautorin beim Westermann-Schulbuchverlag von MatheNetz und leitet jetzt das Netzwerkbüro Schule-Hochschule der Deutschen Mathematiker Vereinigung an der FU Berlin.
Über 25 Jahre galt Ihr Engagement mathematisch hochbegabten Schülerinnen und Schülern. Im Frühjahr 2008 erschien ihr 300-seitiger Tagungsband über die Jubiläumstagung “25 Jahre Talentförderung Mathematik” im LIT-Verlag.
Das Deutsche Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) liegt Frau Schiemann besonders am Herzen. Dort wird ein umfangreiches, deutschlandweites Fortbildungsangebot aufgebaut. Zudem werden Multiplikatorenausbildungen angeboten, um eine noch größere Breitenwirkung zu erreichen. Beteiligt sind überwiegend Hochschulen in NRW und Berlin. Alle Infos dazu finden Sie im umfangreichen Webportal.
scoyo: Sie haben im Rahmen Ihrer Studie über Schulstress 4400 Schüler im Alter von 10 bis 21 Jahren befragt. Welchen Schluss ziehen Sie? Leiden viele Schüler unter Stress in der Schule?
Rupprecht: Wir haben die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der DAK-Initiative „Gemeinsam gesunde Schule entwickeln“ zu ihren psychosomatischen Beschwerden befragt. Bei diesen Beschwerden wird davon ausgegangen, dass psychische Faktoren Einfluss nehmen können auf somatische Beschwerden. Andauernder Stress in der Schule kann zu solchen Beschwerden führen, wobei auch andere Faktoren eine Rolle spielen können.
Wir haben die Schüler gefragt, wie häufig Stresssymptome wie bestimmte körperliche Schmerzen und psychische Befindlichkeiten in den letzten 6 Monaten erlebt wurden. Das können Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen ebenso sein wie Gereiztheit, Niedergeschlagenheit oder Probleme beim Einschlafen.
29,5 Prozent aller Schülerinnen und Schüler geben an, unter zwei oder mehr Beschwerden mehrmals pro Woche zu leiden.10 Prozent berichten sogar von täglich zwei oder mehr Beschwerden. Die häufigsten Beschwerden, die Schüler
mehrmals pro Woche oder täglich berichten, sind Gereiztheit, Einschlafprobleme und Kopfschmerzen.
scoyo: Welche Faktoren verursachen Stress bei Schülern?
Rupprecht : Stressoren scheinen den Schülern im Schulalltag nur allzu bekannt zu sein. In einer Studie von Lohaus & Ball (2006) wurde deutlich, dass die Schüler schulische Verpflichtungen wie Klassenarbeiten oder Hausarbeiten stressreich empfinden können. Aber auch Streit mit Freunden oder allzu durchgetaktete Nachmittagsangebote können die Schülerinnen und Schüler belasten.
Stresserleben ist jedoch höchst subjektiv: Bei fast keiner Anforderung von außen lässt sich vorhersagen, ob ein Schüler sich gestresst fühlen wird. Hier geht es natürlich auch um den persönlichen Umgang mit Herausforderungen, um Kompetenzen beim Lösen von Problemen und ganz allgemein um die Ressourcen und die bisherigen Erfahrungen der Schüler.
In unserer Studie haben die Schüler mit regelmäßigen Stresssymptomen oft auch Schwierigkeiten, Probleme aktiv zu lösen oder mit Prüfungssituationen gut umzugehen. Sie haben ein niedrigeres Selbstwertgefühl. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Stressbelastung hier nicht isoliert zu betrachten ist, sondern diese Schülerinnen und Schüler allgemein mit ungünstigeren Startbedingungen den Lernalltag bestreiten.
scoyo: Woran können Eltern erkennen, dass ihre Kinder unter Schulstress leiden?
Rupprecht: Hohe Anforderungen sind in unserer Gesellschaft normal und für die persönliche Entwicklung auch wünschenswert. Treten hierbei jedoch Beschwerden oder negative Gefühle auf, sollten die Eltern das Gespräch mit dem Kind suchen.
Wenn Kinder von negativen Gefühlen in der Schule berichten, so können unterschiedliche Belastungen die Quelle dafür sein, etwa Über- oder Unterforderung, Schwierigkeiten mit Lehrkräften oder Mitschülern. Treten Beschwerden über einen längeren Zeitraum auf und fühlt sich das Kind dadurch in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, so ist das ein deutliches Warnsignal.
scoyo: Wie können Eltern ihre Kinder dabei unterstützten, Schulstress abzubauen und mit Stress in der Schule besser umzugehen?
Rupprecht: Vor allem die sogenannte Lebenskompetenz ist ein wichtiger Puffer gegen Stress. Unter Lebenskompetenz versteht man einen Mix aus Einstellungen und Fähigkeiten, z.B. ein gesundes Selbstwertgefühl, das Erkennen eigener und fremder Gefühle, die soziale Kompetenz im Umgang mit Gleichaltrigen und die Fähigkeit, selbst Entscheidungen treffen zu können und Verantwortung für kleine Bereiche zu übernehmen. Beim Aufbau der Lebenskompetenz sind die Eltern gefragt.
Wichtig ist es, das Kind schon früh dabei zu unterstützen, eigenständig Probleme zu lösen und Aufgaben zu meistern. Kinder, denen etwas zugetraut wird, trauen sich im Umkehrschluss auch selbst mehr zu. Das sollten zunächst ganz kleine Aufgaben sein, wie z. B. die Zuständigkeit für eine Zimmerpflanze. Bei der Aufgabenerfüllung können die Anforderungen langsam gesteigert werden.
Dafür benötigen Kinder eine Einordnung des Erreichten von Erwachsenen. Dabei sollte das Verhältnis zwischen Lob und Tadel nach der Familientherapeutin Virginia Satir bei vier zu eins liegen. Globales Loben ist für Kinder weniger einordbar (z. B.: Du bist ein kleiner Rembrandt!) als ein spezifisches Lob: Die Farbe in deinem Bild gefällt mir sehr gut. Auch kleine Schritte und Verbesserungen sollten bemerkt und gewürdigt werden.
Familiäre Rituale sind von großer Bedeutung für das Stresserleben von Kindern. Die Gute-Nacht-Geschichte beugt Schlafstörungen vor, beim gemeinsamen Abendessen tauscht sich die Familie über die Geschehnisse des Tages aus.
Und schließlich: Kinder schauen sich viele Verhaltensweisen in ihrer Familie ab. Eltern leben ihren Kindern den Umgang mit Stress vor. Hier können Eltern reflektieren, inwieweit der eigene Umgang mit Stress ein günstiges Modell darstellt. Eine einfache Methode ist, in Stresssituationen die eigenen Gedanken zu benennen und die Situation so ruhig wie möglich anzugehen.
Dipl.-Päd. Silke Rupprecht
Dipl.-Päd. Silke Rupprecht
© Leuphana – Silke Rupprecht
Silke Rupprecht ist Projektmanagerin der DAK-Initiative ‘Gemeinsam gesunde Schule entwickeln’ am Zentrum für angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG) der Leuphana Universität Lüneburg.
Ihr Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind Gesundheitsförderung durch Schulentwicklung, systemische Organisationsberatung an Schulen, Schulleitungsberatung sowie Stressbewältigungsansätze in Schulen und Lehrerbildung.
Die Einschulung ist ein großer und sehr wichtiger Schritt im Leben Ihres Kindes. Viele ABC-Schützen können es kaum abwarten, endlich ihre Heftchen mit Leben zu füllen, und andere sind verunsichert, was dieser neue Lebensabschnitt mit sich bringen wird. Deshalb geht´s beim Planen des Schulanfangs nicht nur um Organisatorisches, sondern auch ums Gefühl: Der Abschied vom Kindergarten, von den vertrauten Bezugspersonen und Freunden fällt vielen Kindern schwer.
Schulanfang planen – mehrere Monate vorher:
Schulstart erleichtern und Eingewöhnung mit folgenden Tipps:
- Tag der offenen Tür: Besuchen Sie gemeinsam den Tag der offenen Tür an Grundschulen, schauen Sie sich um, lernen Sie Lehrer kennen und knüpfen Sie erste Kontakte.
- Von der Kita in die Grundschule: Viele Grundschulen kooperieren mit Kindertagesstätten und organisieren vor den Sommerferien einen Besuch der Schule. Hier lernen die Schulneulinge die Grundschule kennen und werden in die Aktivitäten der Klassen einbezogen. Das weckt Vorfreude!
- Besuch von Schulfesten, Basaren oder Konzerten: Gehen Sie mit Ihrem Kind zu öffentlichen Festen, Flohmärkten oder Konzerten in der zukünftigen Grundschule. Das schafft Vertrauen und zeigt, dass Schule mehr zu bieten hat als Noten und Schulbücher.
- Kontakt zu Klassenkameraden suchen: Gemeinsam ist man stärker – das gilt auch für den Schulstart. Deshalb sollten Sie sich bei der Planung des Schulanfangs auch darüber informieren, welche der Kindergartenfreunde die gleiche Grundschule besuchen. Fördern Sie diese Kontakte bei gemeinsamen Treffen oder Ausflügen.
- Schulweg üben: Machen Sie Ihr Kind rechtzeitig mit seinem Schulweg vertraut und gehen Sie diesen regelmäßig zu Fuß ab. Sollte Ihr Kind öffentliche Verkehrsmittel benutzen müssen, üben Sie auch das.
- Allein anziehen üben: Trainieren Sie mit Ihrem Kind das selbstständige Ankleiden, von Kopf bis Fuß, so ganz ohne Hilfe. Das kommt letztlich nicht nur Ihren Kindern beim Sportunterricht zugute, sondern auch Ihnen: Sie sparen viel Zeit und Nerven beim Start in den Tag.
- Nachmittagsbetreuung organisieren: Wenn Sie den Schulanfang planen, sollten Sie auch daran denken, ggf. für eine Nachmittagsbetreuung zu sorgen, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Viele Ganztagsschulen betreuen ihre Schüler nur bis 16 Uhr.
► Wir von scoyo unterstützen Sie und Ihren ABC-Schützen von Anfang an. Entdecken Sie unsere interaktive Lernwelt, die den Lernstoff der wichtigsten Fächer von der 1. bis zur 7. Klasse abdeckt. Mit unseren fantasievollen Online-Lerngeschichten vertiefen Kinder trockene Lerninhalte auf spannende und spielerische Weise.
Schulanfang planen – mehrere Wochen vorher:
Die Einkaufsliste & das Fest
Neben der emotionalen Einstimmung auf den Schulstart muss natürlich noch einiges eingekauft und an vieles gedacht werden: Wenn Sie den Schulanfang planen, sollten Sie sich also auch eine ausführliche Einkaufsliste zusammenstellen. Unser Tipp: Besorgen Sie diese Dinge nicht auf den letzten Drücker, sondern bereits einige Wochen vorher. Nehmen Sie Ihr Kind mit und suchen Sie alles gemeinsam aus. So hat Ihr Kind Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen und den Schulranzen immer wieder ein- und auszupacken – das steigert die Vorfreude.
- Schulranzen kaufen: Lassen Sie sich am besten in einem Fachgeschäft beraten, denn es gibt einiges zu beachten. Nur an die Farbe und das Designs des Schulranzens müssen Sie gar nicht denken – diese Entscheidung sollten Sie Ihrem Kind überlassen, als Geschenk zur Einschulung. In diesem Video berät der Gesundheitsexperte Roland Brunnhuber eine junge Schülerin beim Kauf eines Schulranzens:
- Federmappe bestücken: Für Schulanfänger eignen sich Mäppchen, in denen die Stifte in Gummischlaufen untergebracht sind. Das erleichtert den Kindern, Ordnung zu halten – und es macht ja auch Spaß, die Stifte nach Farben, Größen oder Machart zu sortieren.
- Schreib- und Bastelutensilien/Schulbücher kaufen: Die meisten Schulen informieren auf einem Infoabend für Eltern oder in einem Infobrief über den Schulbedarf für Erstklässler. In der Regel sind dies Dinge wie Stifte, Hefte, Radiergummi, Anspitzer und Malkasten, aber auch Lernmaterialien und Schulbücher. Sollte die Grundschule keine Angaben gemacht haben, fragen Sie einfach bei der Schule nach oder warten Sie bis zum Einschulungstag – nicht, dass Sie Materialien doppelt kaufen.
- Sportbeutel und Sportkleidung: Lange und kurze Hose, T-Shirts, Turnschuhe für drinnen und draußen und der obligatorische Turnbeutel – da Ihr Kind in der Grundschule mehrere Stunden Sport in der Woche hat, benötigt es ausreichend Sportkleidung und eine leichte, praktische Sporttasche. Auch hier können Sie Ihren ABC-Schützen schön einbinden, ausgiebig shoppen gehen und dabei erzählen, welche tollen sportlichen Ereignisse in Zukunft auf die Kinder warten.
- Brotdose und Trinkflasche: Ein Pausenbrot, etwas Obst und ausreichend Wasser gehören täglich in den Schulranzen. Am einfachsten und umweltfreundlichsten transportieren lässt sich der Proviant in einer Brotdose und einer Trinkflasche.
- Schultüte & Geschenke zur Einschulung: Die Zuckertüte gehört für Schulanfänger zu den wichtigsten Dingen am Einschulungstag. Deshalb sollten Sie diesen Punkt unbedingt berücksichtigen, wenn Sie den Schulanfang planen. Mit Süßigkeiten und Schreibutensilien lässt sich die Schultüte schnell füllen. Ergänzen können Sie den Inhalt um ein paar kleine Geschenke. Passende Ideen finden Sie hier.
- Schreibtisch und Schreibtischstuhl: Sofern Ihr Kind noch nicht über einen eigenen Arbeitsplatz verfügt, ist mit dem Schulanfang der richtige Zeitpunkt gekommen. Denn: Ein ruhiger und ordentlicher Ort für Hausaufgaben & Co. ist eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Bei der Ausstattung entscheiden Sie sich am besten für ergonomische Modelle, die mitwachsen und den Rücken von Anfang an schonen.
- Einschulungsfest vorbereiten: Die Einschulung fällt häufig auf einen Wochentag. Grund genug, Paten, Freunde und Verwandte, die diesen Tag mit Ihnen begehen möchten, rechtzeitig über den Termin zu informieren und den Schulanfang zu planen. Ob Grillparty, Picknick, Restaurantbesuch oder ein ganz normales Mittagessen – gestalten Sie den Tag möglichst entspannt und kindgerecht!
Schulanfang planen – die letzten Tage und Stunden:
Nun sind es nur noch ein paar Tage bis zur Einschulung und die Nervosität steigt von Stunde zu Stunde. Bleiben Sie vor allem gelassen und bemühen Sie sich, die eigene Unruhe nicht auf Ihr Kind zu übertragen. Die folgenden Tipps helfen, den Schulanfang so zu planen, dass der Start für alle möglichst stressfrei eingeleitet wird (ausführliche Tipps finden Sie in unserem Ratgeber Einschulung inklusive Checkliste):
- Trainieren Sie den neuen Tagesrhytmus.
- Lesen Sie Bücher zum Thema Einschulung vor.
- Erzählen Sie Geschichten und Anekdoten aus der eigenen Schulzeit.
- Legen Sie am Abend vorher alles zurecht, was Sie für die Einschulung brauchen.
- Frühstücken Sie am Tag der Einschulung gemütlich und gehen Sie alles in Ruhe an.
Der große Überblick: Schulen ohne Hausaufgaben
Es gibt sie schon: Schulen, die ganz ohne Hausaufgaben auskommen, beziehungsweise die Übungsphase in die Schule holen. Die verschiedenen Konzepte dahinter, möchten wir Ihnen gern vorstellen. Aber Achtung: Auch an Schulen ohne Hausaufgaben kann es sein, dass ein Schüler dann und wann zu Hause üben muss. Vor einem Test Vokabeln zu pauken, noch einmal einen Text zu lesen oder ein Referat vorzubereiten, da kommt in den meisten Fällen keiner drum herum.
Inhalt dieses Artikels:
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2. Unterrichtskonzepte (fast) ohne Hausaufgaben
4. Erfahrungsberichte von denen, die es wissen müssen:
Hausaufgaben – warum es viele Gegner gibt
Hausaufgaben sollen den Unterricht ergänzen, das Erarbeitete vertiefen und selbstständiges Lernen fördern. Sie gehören zur Schule wie Ketchup zu Pommes – oder so ähnlich.
Dafür bleibt vielen Schülern jedoch kaum Zeit: „Nach 36 Stunden Schule kommen dann noch die Hausaufgaben. Mit Prüfungen und Referaten, Sport und Musikinstrument kommen sie so auf bis zu 50 bis 60 Wochenstunden“, so Michael Schulte-Marktwort, Kinder- und Jugendpsychiater am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.
Laut unserer repräsentativen Umfrage wünschen sich 50 Prozent der Kinder eine Schule ohne Hausaufgaben, doch drei Viertel der Eltern sind gegen die Abschaffung. Obwohl sie ihren Kindern mehr Freizeit wünschen würden. Am Ende siegt die Angst, der Nachwuchs könne ohne die Übungen am Nachmittag den Anschluss verlieren, so geht es jedenfalls Christiane Müller, Mutter eines elfjährigen Kindes.
Schule ohne Hausaufgaben – für viele ist sie schon längst vorstellbar
Das Lager der Hausaufgabengegner wächst. Schon seit 1880 fordern sie, den Schülern (und Eltern) unnötigen Stress zu ersparen und die Hausaufgaben abzuschaffen. Forscher der TU Dresden fanden bereits 2008 heraus, dass Hausaufgaben keinen nachweisbaren Einfluss auf die Schulnoten haben. Doch die große Umstrukturierung des Schulsystems blieb aus.
Erst 2015 goss der deutsche Schulpreis erneut Öl ins Feuer: Deutschlands beste Schule, die Gesamtschule Wuppertal-Barmen, gibt keine Hausaufgaben auf – ein Befreiungsschlag für alle Hausaufgabengebeutelten.
Einer der größten Stimmungsmacher gegen Hausaufgaben ist Armin Himmelrath. Für sein Buch „Hausaufgaben – nein danke!“ wälzte er Fachliteratur und führte Interviews. Sein Fazit: Wir brauchen „echte Schulaufgaben“, also Aufgaben, die pädagogisch betreut in der Schule stattfinden.
1. Unterrichtskonzepte (fast) ohne Hausaufgaben
Die erste Schulform, an die man denkt, wenn es um Schulen ohne Hausaufgaben geht, ist die Ganztagsschule. Hier geht das Angebot an mindestens drei Tagen in der Woche über den Vormittag hinaus. Hausaufgaben sind an dieser Schulform nicht vorgesehen, beziehungsweise haben die Kinder die Möglichkeit, diese betreut in der Schule zu bearbeiten – das bedeutet: Zuhause = Freizeit.
Damit das klappt, sind ein paar essentielle Strukturen nötig. Entweder ein gut organisiertes Nachmittagsprogramm, das genügend Zeit lässt, in der Schüler ihre Hausaufgaben selbstbestimmt erledigen können. Oder Lernzeiten in der Schule, die die Hausaufgaben ganz und gar ersetzen. So ist es auch bei Rosa. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen: Meine Schule ohne Hausaufgaben
Worauf legen Sie bei einer Schule wert? Finden Sie es heraus – mit unserer kostenlosen Checkliste zur Schulwahl!
Für diesen zweiten Weg entscheiden sich immer mehr Ganztagsschulen, wie die Gesamtschule Barmen, Schulpreisträger 2015. Auch sie ist eine Ganztagsschule. Anstatt Hausaufgaben gibt es fest im Stundenplan verankerte „Arbeitsstunden“, in denen die Kinder eigenständig und konzentriert Schulstoff vor- beziehungsweise nachbereiten können. Außerdem hat die Schule gute Erfahrungen damit gemacht, die Unterrichtsstunden von 45 auf 65 Minuten zu verlängern, um so den maximalen Lerneffekt aus jeder einzelnen Unterrichtseinheit heraus zu holen.
In Frankreich, Großbritannien und Schweden sind Ganztagschulen weithin üblich. Kleine Übungsaufgaben zu Hause kommen aber trotzdem regelmäßig vor.
Auch wenn sie Hausaufgabenerleichterung versprechen, sollten Eltern das Nachmittagsangebot der Gesamtschulen genau unter die Lupe nehmen. Leider glänzte dieses in letzter Zeit nicht gerade mit guten Schlagzeilen. Gibt es genug Ruhe und Ansprechpartner? Sind die Hausaufgaben überhaupt während der Nachmittagsbetreuung zu schaffen? Vergewissern Sie sich bei einem Schulbesuch, dass das Nachmittagsangebot Ihren Ansprüchen entspricht.
Flipped Classroom
Ein ganz neues Lehrkonzept kommt aus den USA und heißt Flipped Classroom oder auch Inverted Classroom. Zu Deutsch: umgedrehter Unterricht. Hier werden die Phasen der Inhaltvermittlung und Vertiefung einfach getauscht. Das bedeutet, gelernt wird zu Hause und geübt in der Schule. Hausaufgaben im ursprünglichen Sinne gibt es nicht.
Das funktioniert folgendermaßen: Lerninhalte, die bisher in der Schule im Frontalunterricht erarbeitet wurden, eignen sich die Schüler selbstständig in Heimarbeit an. Hierbei helfen Erklärvideos, die vom Lehrer aufgenommen werden. Die Übungsaufgaben zur Vertiefung, mit denen sich die Schüler normalerweise nach Schulschluss beschäftigen, werden in der Schule bearbeitet – mit Lehrern und Mitschülern als Ansprechpartner in nächster Nähe.
Der Vorteil: Schüler können zu Hause individuell entscheiden, wann, wo und wie oft sie ein Video ansehen wollen – ganz nach ihrem Lerntempo. In der Schule können leistungsstärkere Schüler leistungsschwächere Schüler unterstützen. Der Lehrer nimmt eher eine moderierende Funktion ein und hat ebenfalls die Möglichkeit, auf die einzelnen Schüler besser einzugehen.
Das Flipped Classroom-Konzept stößt in Deutschland auf breites Interesse und wird an einigen Schulen in einzelnen Fächern bereist angewendet.
Video: Flipped Classroom – so geht’s:
Daltonplan-Schule
Bestimmte alternative Schulen kommen ebenfalls ohne Hausaufgaben aus. Dazu gehört die Daltonplan-Schule. Ihr pädagogisches Konzept wurde von Hellen Parkhurst (in enger Zusammenarbeit mit Maria Montessori) entwickelt. An Daltonplan-Schulen bekommen die Schüler pro Schuljahr ein Arbeitspaket, das sie selbstständig bearbeiten. Das geschieht vollständig in der Schule. Hausaufgaben gibt es also keine.
Reine Daltonplan-Schulen gibt es in Deutschland aktuell nicht, aber einige Schulen sind an das Konzept angelehnt.
Sudbury-Schule
Kein Lehrplan, keine Klassen, keine Noten, keine festen Zeiten – das ist das Sudbury-Konzept. Auch Hausaufgaben gibt es hier nicht – außer die Schüler wünschen es. Vorreiter dieses alternativen pädagogischen Konzepts ist die Sudbury Valley School eine demokratische Schule in den USA.
Sudbury-Schulen sehen sich als Raum, in dem Kinder ihre Persönlichkeit, Kreativität und ihr Potential frei entfalten können. Wie und mit wem sie ihre Zeit verbringen, ist ihnen selbst überlassen. Die Kinder lernen vor allem voneinander. Auf ihren Wunsch können auch Kurse organisiert werden, dann müssen sich die Schüler aber auch an Termine halten – und es kann sogar Hausaufgaben geben. Grundpfeiler der Sudbury-Schulen sind Demokratie, Recht, Freiheit und Verantwortung.
Das ursprüngliche Sudbury-Konzept ist mit dem deutschen Schulgesetzt nicht vereinbar. Privatschulen müssen vergleichbare Leistungen wie staatliche Schulen anbieten, bei Sudbury-Schulen sei das nicht der Fall (Quelle: SPON). Sudbury-Schulen, die in Deutschland genehmigt wurden, sind deshalb näher am Schulgesetzt orientiert, als ihr Vorbild in den USA.
Jenaplan-Schule
Zu den Schulen ohne Hausaufgaben gehören auch die meisten Jenaplan-Schulen. Diese alternative Schulform erfreut sich in Deutschland immer stärker werdender Beliebtheit, sodass mehrere staatliche Schulen das pädagogische Konzept des Jenaplans umsetzen. Hausaufgaben sind hier meist nicht nötig, da viele Jenaplan-Schulen Ganztagsschulen sind und der Schultag über den Vormittag hinaus geht. Sollte es doch Hausaufgaben geben, ist ausdrücklich gewünscht, dass Eltern nicht helfen. Nur auf diese Weise können die Lehrer den Leistungsstand ihrer Schüler besser einschätzen und Leistungsdefizite erkennen.
Waldorfschule
Rudolf Steiner, der Gründer der Waldorfschulen, ist ebenfalls eher dem Feld der Hausaufgabengegner zuzuordnen. „Es ist das Allerschädlichste in der Erziehung, wenn immerfort Aufträge erteilt werden, die nicht ausgeführt werden“, so Steiner. Kinder sollen das, was sie machen, aus Lust und Überzeugung tun. Deshalb hält er nichts von Zwangshausaufgaben. An der Waldorfschule sollen die Kinder zum freiwilligen Arbeiten, auch zu Hause, ermutigt werden. Deshalb wird an vielen Waldorfschulen sehr sparsam mit Hausaufgaben umgegangen. Es liegt im Ermessen der Lehrer, den Kindern Arbeitsaufträge aufzugeben. Diese sind aber in der Regel anders gestaltet als die Hausaufgaben, die man von Regelschulen kennt. Die Kinder werden vor allem angeregt, sich am Nachmittag aus eigenem Interesse mit einem Thema auseinanderzusetzen.
Mehlhornschule / BIP Kreativitätsschule
Eine weitere alternative Schule ohne Hausaufgaben ist die Mehlhornschule oder auch BIP Kreativitätsschule. Eine Schulform, die sehr stark auf die ganzheitliche Förderung ihrer Schüler abzielt und neben dem staatlichen Lehrplan, viele weitere Fähigkeiten und die Persönlichkeit ihrer Schüler fördern will. Kernzeiten an der Mehlhornschule sind meist zwischen 8 und 16 Uhr. Hier bleibt der Schulranzen unter der Woche in der Schule und alle Aufgaben werden unter pädagogischer Betreuung fertiggestellt.
Laborschule / Versuchsschule
Wie sieht die perfekte Schule aus? Das herauszufinden, ist das große Ziel einer Laborschule. Hier wird pädagogische Forschung betrieben, und zukünftige Pädagogen werden ausgebildet. Auch diese Schule kommt ohne Hausaufgaben aus.
Die bekanntesten unter ihnen sind die Laborschule der Uni Bielefeld und die Laborschule Dresden. Sie sind Ganztagsschulen und bieten genug Zeit und Raum, Wissen innerhalb der Schulzeit zu vertiefen. In der Laborschule Bielefeld sind die Unterrichtseinheiten dafür von 45 Minuten auf 60 Minuten verlängert wurden. Die Laborschule Dresden unterrichtet nach dem Jenaplan-Konzept, das viel Freiarbeit beinhaltet.
Schüler einer Laborschule sollen nicht einfach belehrt werden, sondern anhand ihrer Erfahrungen lernen. Dafür werden ihnen viele Freiräume und “Lerngelegenheiten” gegeben. Projektarbeit und Wahlpflichtkurse geben den Schüler die Möglichkeit, ihre Interessen auszuleben. Gelernt wird alters- und leistungsübergreifend.
Kennen Sie noch mehr Schulen ohne Hausaufgaben? Kommt die Schule Ihres Kindes vielleicht ohne Hausaufgaben aus und hat dafür einen ganz eigenen Weg gefunden? Oder sind Sie ganz klar für die Erteilung von Hausaufgaben? Verraten Sie und Ihre Gedanken zum Thema hier in den Kommentaren!
Bei unserem 3. Digitalen scoyo-Elternabend am 21. Januar 2015 ging es um das Thema Zeugnisse. Während der Diskussion unter Experten und Eltern wurde schnell deutlich: Eltern sind meist viel gestresster als die Kinder selbst. Das hat auch unsere Kinderumfrage ergeben: Mehr als die Hälfte der Schüler freut sich auf das Zeugnis und sieht dem ganzen Thema ziemlich gelassen entgegen.
Trotzdem können die falschen Worte unsere Lieben schnell demotivieren und sogar Angst machen – schließlich sind wir Eltern die größten Vorbilder für unseren Nachwuchs. Wir haben deshalb die besten Tipps unserer Experten vom scoyo-Elternabend zusammengefasst. Für mehr Motivation im 2. Halbjahr, der Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen.
In diesem Artikel
Noten spielerisch aufleveln: mit der scoyo Lernapp!
1. Experten-Tipps auf einen Blick: Schlechtes Zeugnis – was tun?
Bei einem schlechten Zeugnis nicht in Panik verfallen, nicht dramatisieren und nicht schimpfen, sondern vor allem erstmal trösten, denn im Grunde will kein Kind schlechte Noten haben. Und immer dran denken: Zwischenzeugnisse sind nur eine Zwischenbilanz. Oft holen die Kinder bis zum Endzeugnis noch jede Menge raus.Eltern sollten vermeiden, Druck auszuüben und keine Ultimaten setzen. Solche Strafmaßnahmen wirken sich nur kontraproduktiv auf das Lernen aus und erzeugen Angst. Und wer Angst hat, blockiert. Hinzu kommt, dass die Beziehung zwischen Eltern und Kindern darunter leidet.
Nicht mit großen materiellen Vergünstigungen arbeiten und immer zwischen der Persönlichkeit des Kindes und seinen Leistungen differenzieren (nicht Liebe an gute Noten koppeln!). Eine gute, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen und konstruktiv überlegen, wie man die Noten verbessern könnte. Dabei zunächst auf die guten Noten konzentrieren und vor allem darüber sprechen: Was ist gut gelaufen? Womit war das Kind sehr zufrieden? Wichtig ist, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, damit sie an sich, ihre Talente und Möglichkeiten glauben und daran, dass sie viel leisten können. Das bedeutet nicht unentwegt zu loben, sondern vor allem zu ermutigen.
Bei einem schlechten Zeugnis die Ursachen in den Blick nehmen, ggf. auch mit Lehrern und Kindern gemeinsam darüber sprechen, was man nun tun kann. Außerdem wissen Kinder meist auch sehr genau, woran es gelegen hat: Man kann sie also ruhig danach fragen (Fragen positiv formulieren!). Schreiben Sie ein eigenes, persönliches Zeugnis und übergeben Sie es Ihrem Sprössling am Zeugnistag. Kinder besitzen viele Eigenschaften, die im Schulzeugnis nicht zur Geltung kommen können, die aber sehr viel Anerkennung verdienen. Für all diese Talente haben wir eine Vorlage für ein etwas anderes Zeugnis entwickelt, mit dem Sie das Selbstbewusstsein Ihres Kindes stärken können.
Gelassener, humorvoller mit dem Thema Noten umgehen: Es ist kein Beinbruch, wenn ein Kind mal von einer Zwei auf eine Vier abrutscht. Es gibt Lebensphasen, da sind andere Dinge wichtiger, das gehört mit zur menschlichen Entwicklung. Es kann nicht nur Einsen und Zweien geben. Und: Die Zukunft eines Kindes wird nicht in der vierten oder sechsten Klasse entschieden. Darauf achten, dass Kinder regelmäßig Hausaufgaben machen (allein). Kinder beschäftigen sich so intensiv mit dem Stoff. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Aufgaben perfekt gelöst sind: Lehrer brauchen die Hausaufgaben als Rückmeldung, ob die Schüler das Erklärte wirklich verstanden haben.
Kinder dazu ermutigen, sich aktiv am Unterricht zu beteiligen und keine Scheu davor zu haben, auch mal etwas Falsches zu sagen oder nachzufragen, wenn etwas nicht verstanden wurde. Denn: Kinder, die im Unterricht nicht aktiv mitmachen, müssen das mit zeitlichem Mehraufwand zuhause nachholen. Falls Sie und Ihr Kind bestimmte Noten nicht nachvollziehen können, gehen Sie auf den Lehrer zu – jeder muss Auskunft geben! Das können Sie immer bei schlechten Noten oder Zeugnissen tun.
Das Zeugnis feiern! Machen Sie sich einen schönen Tag, gehen Sie essen oder veranstalten Sie zuhause ein Familienessen. Mit diesem Abschluss eines Halbjahres sollten positive Emotionen verbunden werden – und darauf kann man ja auch sehr stolz sein!
Die Experten:
- Josef Kraus, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands
- Christine Skupsch, Elternberaterin und Lerncoach (www.iqberatung.de)
- Gabriele Patzschke, Gründerin der Akademie für Matrisophie und motherbook.de
- Angelika Stein, Lerntrainerin und Journalistin (www.schule-sorglos.de)
2. Experten-Interviews
Wie sollten Eltern auf schlechte Noten reagieren?
Stein: Nicht in Panik verfallen! Und auf keinen Fall schimpfen – das halte ich für absolut kontraproduktiv. Ich würde das erst mal ein bisschen sacken lassen und dann gemeinsam mit meinen Kind schauen, wo die Ursachen liegen: Ist da eine Entwicklung, die sehr negativ ist? Gibt es große Wissenslücken? Hat das Kind vielleicht Schulangst?
Patzschke: Wir haben uns natürlich sehr über gute Noten gefreut. Und wenn dann schlechte Noten dazwischen waren, dann hat sich das vorher meistens schon ein bisschen angekündigt und wir haben dann konstruktiv versucht zu überlegen, ob wir was machen können. Eigentlich möchte ja kein Kind schlechte Noten haben. Deshalb ist Trösten wichtig.
So motivieren Eltern ihre Kinder trotz schlechter Noten fürs nächste Halbjahr
Elternfrage von Diana S.: “Mein Sohn war in Mathe immer auf eins, jetzt ist er in der sechsten Klasse und verhaut die letzte Klassenarbeit mit einer Vier. Wie kann ich meinen Sohn motivieren selbst gut sein zu wollen und nicht, weil wir wollen, dass er gut ist?”
Patzschke: Das Kind weiß meistens ziemlich gut selbst, warum etwas anders ist als vorher. Manchmal ist es auch eine persönliche Sache mit dem Lehrer, dem kann man auf den Grund gehen. Jedenfalls braucht ein Kind liebevolle Unterstützung und liebevolles Aufgefangenwerden, damit es motiviert wird, wieder das Steuer rumzureißen. Man kann Kindern ruhig die Kompetenz der Selbsteinschätzung übertragen.
Kraus: Es ist ja kein Beinbruch, wenn ein Kind mal von einer Zwei auf eine Vier abrutscht. Wenn das nicht von Dauer ist. Ich wünsche mir insgesamt, was die Schule betrifft, bei manchen Eltern etwas mehr Gelassenheit, auch etwas mehr Humor. Deswegen ist doch das Kind nicht in den Brunnen gefallen oder völlig aus der Bahn geworfen, es gibt gewisse Lebensphasen, da gibt es Verwerfungen, da sind andere Dinge einfach wichtiger, das gehört mit zur menschlichen Entwicklung.
Da sollten sich Eltern ein bisschen zurücknehmen. Ich kann nicht von einem pubertierenden Mädchen oder einem pubertierenden Jungen in der siebten, achten, neunten Jahrgangsstufe ständig eine Zwei erwarten.
Skupsch: Ich kenne das aus vielen Beratungsgesprächen mit Eltern von „cleveren“ Kids beziehungsweise aus Gesprächen mit Schülern. Da ist es oft so, dass es in der Grundschule für diese Kinder ganz einfach ist, da sie nicht daran gewöhnt sind, zu lernen. Meistens gehen die Noten in der sechsten, siebten Klasse tendenziell runter, weil das Lernen nicht gelernt wurde. Das heißt, es reicht nicht, clever zu sein, sondern dazu muss ein bestimmtes Training kommen. Ein Spitzensportler muss auch entsprechend trainieren, um gute Ergebnisse zu erreichen.
Patzschke: Wobei – Training heißt doch wieder, dass die Eltern gefordert sind oder eine Nachhilfe?
Skupsch: Nein, ich meinte einfach ein regelmäßiges sich Beschäftigen. Regelmäßig Hausaufgaben machen hilft schon, selbst wenn es nervig ist. Aber wenn ich geübt bin mit dem Stoff umzugehen, kriege ich das auch in der Arbeit gut hin.
Kraus: Was sicherlich noch verbesserungsfähig ist: dass unsere Lehrer noch ein bisschen mehr Wert darauf legen, den Kindern beizubringen, wie man sich etwas aneignet. Stichwort: „Lernen lernen“. Ich möchte nicht, dass die Schule diese Verantwortung nur an die Eltern delegiert.
Patzschke: Es ist gut, wenn man als Eltern mit dem Lehrer und dem Kind spricht und versucht, einen Plan zu machen: Wo kann man noch ein paar Kompetenzen herauskitzeln? Wo kann man mehr Bewusstsein für eine Schwäche entwickeln und den Lehrer auch dahingehend stärken, dass er das Kind ein bisschen mehr im Blick hat? Und eigentlich wäre es doch wunderbar, wenn die Schule das selber schaffen würde, ohne dass man dann noch außerschulische Hilfe braucht.
Kraus: Im Fokus sei aber bitte auch: Wie macht das Kind in der Schule mit? Ich stelle in fast vier Jahrzenten Schulpraxis, Lehrererfahrung, 15 Jahren als Schulpsychologe immer wieder fest: Kinder, die im Unterricht nicht aktiv mitmachen, müssen das mit zeitlichem Mehraufwand zuhause nachholen. Die Spitzenschüler, die sind am Vormittag hochaktiv dabei, und sie gewinnen dadurch eine Menge Freizeit.
Kraus: Für die Lehrer ist es wichtig zu sehen, was die Kinder noch nicht können, darum ist es Quatsch, wenn die Eltern ihre Kinder mit einer perfekten Hausaufgabe in die Schule kommen lassen. Es ist doch nicht wichtig zu sehen für den Lehrer, wie die Mama die Dreisatzaufgabe zustande bringt, sondern zu sehen: Sieben von 28 aus meiner Klasse haben es noch nicht kapiert, das muss ich nochmal erklären.
Skupsch: Von daher finde ich diese Noten von 1 bis 6 auch viel zu wenig. Da liegen Welten zwischen dem, was der eine kann und der andere kann, und trotzdem läuft es bei beiden auf eine Zwei hinaus. Da fände ich es viel besser, wenn jedes Kind eine differenzierte Rückmeldung dazu bekommt.
Kraus: Tun wir doch nicht so, als würde die Schule einfach nur Ziffernnoten vergeben. Nehmen Sie mal einen Deutschaufsatz, der korrigiert wurde, da steht natürlich rechts oben eine Note drüber, aber es sind unendlich viele Randbemerkungen und Schlussbemerkungen drin, wo steht: Das hast du gut gemacht, oder: Das ist ein Ausdrucksfehler, oder: Da fehlt es an der Logik, oder: Da musst du dich verbessern. Wir haben eine, glaube ich, ganz gesunde Mischung zwischen Ziffernbenotung und sehr individueller Rückmeldung zur einzelnen Arbeit.
Patzschke: Mir würde es wirklich sehr viel besser gefallen, wenn die Kinder sich freier und unabhängiger von Noten entfalten könnten und ihrem Potenzial entsprechend, ohne diesen Druck in den vierten oder sechsten Klassen, wenn es zum Übergang auf die nächste Schule geht.
Kraus: Den Druck macht nicht die Schule, den Druck machen die Eltern, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass die Hälfte der Studierberechtigten das erreicht haben, ohne auf das Gymnasium zu gehen. Also einfach mal ein bisschen tieferhängen.
Selbstvertrauen aufbauen bei schlechten Noten – so geht´s!
Manche Kinder denken, wenn ihre Noten nicht gut sind, sind sie selbst auch nicht gut – eine Katastrophe für das Selbstwertgefühl.
Stein: Es ist für mich Alltag, dass Kinder zu mir kommen, die sagen: „Bei mir nutzt das sowieso alles nichts, ich bin dumm. Das sagen alle, auch meine Lehrer.“ Das führt letztendlich dazu, dass diese Menschen sich nicht mehr an das Lernen herantrauen. Wenn sie nicht an sich, an ihre Talente, an ihre Möglichkeiten, daran, dass sie viel leisten können, glauben, dann werden Kinder irgendwann mal das sagen, was mir ein Mädchen aus der neunten Klasse einmal gesagt hat: „Ich mach das jetzt. Ich streng mich hier an. Aber wenn ich aus der Schule raus bin, dann will ich nie wieder lernen.“
Lernen ist ja alles: Persönlichkeit weiterentwickeln, Dinge entdecken, was auch immer, und das wird den Kindern letztendlich verleidet. Deswegen ist es so wichtig, das Selbstwertgefühl zu stärken, und ich meine damit nicht, das Kind zu loben für alles, was es macht. Sondern das Kind zu ermutigen zu entdecken, was es alles ist, nämlich viel mehr als Noten und Leistung.Auch wenn ich sehr viel von Leistung halte. Ich verlange von meinen Schülern viel, weil ich weiß, dass sie viel können. Zu entdecken, dass ein Mensch ein Puzzle aus ganz vielen Dingen ist, aus Leistung, aus Mitgefühl, aus seinen vielen menschlichen Qualitäten, und all diese Komponenten zu stärken, nur darauf muss ich mein Augenmerk legen. Wenn man das bei Kindern macht, dann strahlen nämlich ihre Augen, und dann stellen sie plötzlich fest: „Ich bin so viel mehr.“ Und interessanterweise verbessert sich dann auch ganz viel in der Schule.
Kraus: Das Dümmste, was man machen kann, ob in der Schule oder im Elternhaus, ist einem Kind zu sagen, es sei dumm. Keinem Elternpaar und keinem Lehrer steht es zu, ein solches Persönlichkeitsurteil abzugeben. Natürlich wird man als Mama, Papa oder Lehrer immer wieder angehalten sein, das Kind aufzubauen und zu sagen: „Okay, guck mal, du bist nah dran an der Drei oder Vier. Du kannst mehr. Du hast hervorragende Dinge im Unterricht geleistet, aber schriftlich hapert es noch ein bisschen.“
Ungerechte Benotung auf dem Zeugnis – Was können Eltern tun?
Kraus: Eine Schule in Deutschland ist eine Schule in einem Rechtsstaat, und eine Note ist, wenn Sie so wollen, ein Rechtsakt, und Eltern haben einen Anspruch darauf, sie erklärt zu bekommen. Es kann keine willkürlichen Noten geben, und wenn Eltern nachfragen: „Warum hat mein Kind hier nicht zwei Punkte mehr, um auf die Note drei zu kommen?“, müssen Lehrer dazu in der Lage sein, das zu erklären. Da möchte ich den Eltern einfach Mut machen, auf die Lehrer zuzugehen.
Es gibt viele Lehrer, die sich zu Recht beklagen, dass Eltern einfach nicht kommen. Geht zu den Klassenkonferenzen, geht zu den Elternabenden, macht euch beim Elternbeirat stark, wählt Elternbeiräte und so weiter! Das gehört zu einer Schule in der Demokratie dazu.
Ob gutes oder schlechtes Zeugnis – so wird der Tag der Zeugnisvergabe schön
Skupsch: Ich würde das Kind fragen: „Was war dein bestes Erlebnis im letzten Halbjahr? Worauf bist du besonders stolz? Und an welchem Punkt möchtest du gerne ein bisschen weiterarbeiten?
Patzschke: Wir haben es immer so gehandhabt, dass wir immer mit allen Kindern zusammen ein richtiges Festessen veranstaltet haben. Wie haben uns zusammengesetzt und das Zeugnis auch erst am Tisch gemeinsam angeguckt. Dann ging es von einem zum anderen, und es wurde munter diskutiert, jedes Mal. Eigentlich haben wir festgestellt, dass sich überwiegend die freudigen Dinge in den Vordergrund geschoben haben und dass wir uns dann als Fazit vorgenommen haben, an den Punkten, die nicht so gut waren, zu arbeiten. Aber mit einer guten Stimmung im Hintergrund.
Kraus: Wir diskutieren in Deutschland ja Bildungs- und Erziehungsfragen leider unglaublich hysterisch und bierernst. Doch eines der wichtigsten Erziehungsinstrumente ist Humor. Humor ist eine hervorragende Möglichkeit, mit den Unzulänglichkeiten, den Unwägbarkeiten des Lebens, seiner selbst und auch der eigenen Kinder umzugehen.
Die Tipps und Zitate aus diesem Beitrag sind ein Zusammenschnitt aus dem 3. Digitalen Elternabend von scoyo. Die Aussagen sind teilweise gekürzt.
Zeugnisnoten spielerisch verbessern: In der scoyo Lernapp!
3. scoyo-Elternabend “Zeugniszeit” anschauen oder als Podcast hören: