Kinder zum Lernen motivieren – Familien erzählen aus ihrem Alltag

Katharina Looks

Die Schule ist im Familienalltag heute präsenter denn je, der Stress nimmt zu. Wir haben bei Eltern und ihren Kindern nachgefragt, wie sie den Spagat zwischen Schule, Hausaufgaben und Familienglück bewältigen.

Nachmittags geht es hoch her in vielen Familien: Es werden Vokabeln gebüffelt, Klassenarbeiten vorbereitet, Hausaufgaben gemacht. Das kann schnell in Stress ausarten und Eltern sowie Kinder stark belasten. Das zeigt auch eine Elternstudie im Auftrag von scoyo. Doch wie lässt sich ein Kind trotz des Stresses zum Lernen motivieren?

Das sagen Kinder und Eltern zum Thema Lernmotivation

Wir haben Kinder und Mütter nach ihrer Meinung zum Thema Förderung zu Hause befragt und die Antworten in Interviewprotokollen zusammengefasst. Hier erzählen Mütter, wie sie versuchen, ihr Kind bzw. ihre Kinder zum Lernen zu motivieren. Das Thema ist sensitiv, deswegen möchten die Kinder und Eltern ihre Identität nicht gern veröffentlichen. Um die Privatsphäre der Familien zu schützen, haben wir die Namen einiger Mütter und Kinder geändert. In den Statements wird deutlich, wie viel Stress die Familien am Nachmittag haben.

Eltern als “Zusatzlehrer”: Mutter Annette und Sohn Felix

Annette S. sieht sich als ‘Zusatzlehrer’, weil ihr Sohn in der Schule nicht immer alle Fragen beantwortet bekommt. Sie empfindet es als sehr schwierig, am späten Nachmittag ihr Kind zum Lernen zu motivieren. Nach Schule und Betreuung fällt es ihrem Sohn nicht leicht, sich noch auf Hausaufgaben zu konzentrieren – ganz zu schweigen von Zusatzübungen in den Ferien, die von der Lehrerin aufgegeben werden.

 “Ich helfe meinem Sohn bei den Hausaufgaben, wenn er es möchte, und muss häufig Unverstandenes erklären, weil dafür in der Schule keine Zeit ist. Das ist deutlich mehr als nur Üben. Ich sehe mich voll in der Pflicht, zu begleitenund tatkräftig zu unterstützen. Was die Schule sehr stark einfordert. Ich bekomme von der Lehrerin ganz konkret Aufgaben, die ich als Ergänzung zum Unterricht verstehe. Am Abend vor den Märzferien kam eine E-Mail, in der sie mir mitteilte, welche Aufgaben sie Felix zum Üben in den Ferien mitgegeben hat. Das waren insgesamt schon so drei Stunden. Auch wenn das größtenteils nur Übungsaufgaben sind, ist es natürlich schwer, wenn ich in den Ferien mit erhobenem Zeigefinger daran erinnern muss, dass er noch Schulaufgaben zu erledigen hat. Das ist einfach sehr anstrengend und ich bin selbst nicht davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, das so zu machen.

superstressig wird es, wenn ich Dinge z. B. in Mathe erklären soll, wo ich weiter ausholen muss, weil schon vorher etwas nicht verstanden wurde. Da wird er sofort aggressiv, wenn ich versuche zu helfen. Das kann ich teilweise verstehen. Es gibt eben unterschiedliche Lösungswege und Erklärungsmöglichkeiten. Ich fühle mich da überfordert, weil mir die didaktischen Kompetenzen fehlen.

… Das Kind nach einem ganzen Tag Schule und Hortbetreuung noch spätnachmittags zum Lernen zu motivieren, bringt überhaupt keinen Spaß. Die Zeit fürs Spielen und Rumtollen fehlt!”  Annette S., Mutter von Felix

Schule = Stress

Und das sagt Felix, 3. Klasse:  “Ich mache meine Hausaufgaben manchmal allein, manchmal mit Mama. Sonst auch im Hort. Aber da ist es immer total laut, da werde ich meist nicht fertig und bin auch genervt. Mit Mama lernen ist doof. Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber Mama kann mir das manchmal nicht richtig erklären. Wir streiten dann oft ganz doll. Ich find Schule stressig und freue mich schon am Montag aufs Wochenende.”

Wenig Chancengleichheit: Mutter Liz und Sohn Flo

Liz K. möchte, dass ihr Kind selbstständig lernt. Sie hilft vor allem dann, wenn ihr Sohn ganz konkrete Fragen hat – weil sie sich nicht so autoritär fühlt wie Außenstehende und weil sie die wenige gemeinsame Zeit mit ihrem Sohn lieber anders verbringen möchte.

 “Wir üben jeden Tag Rechtschreibung, weil das in der Schule leider ein bisschen zu kurz kommt. Ansonsten unterstütze ich Flo bei den Hausaufgaben, wenn er Fragen hat, achte aber darauf, dass er möglichst viel selbstständig erledigt.

Ich finde es nicht immer einfach, meinen Sohn selbst zu fördern, weil man natürlich als Mutter nicht dieselbe Autorität besitzt wie ein Außenstehender. Flos Oma kommt neuerdings zweimal in der Woche zu uns und übt mit ihm Deutsch. Sie ist selber Lehrerin und kann das einfach besser.

Ich sehe es sehr kritisch, dass Eltern so stark mit in das Lernen der Kinder eingebunden werden. Kinder mit einem weniger guten Bildungshintergrund werden dadurch benachteiligt. Mit Chancengleichheit hat das für mich nicht viel zu tun. Die Schule sollte eigentlich den Auftrag haben, den Kindern die Grundlagen zu vermitteln und eben gerade nicht das Elternhaus. Ganz abgesehen davon finde ich es schade, dass man in der wenigen Zeit, die man als berufstätige Eltern mit seinem Kind verbringen kann, soviel für die Schule tun muss.“’Liz K., Mutter von Flo

Und das sagt Sohn Flo, 9, zu Hausaufgaben & Co: “Ich mache meine Hausaufgaben eigentlich alleine im Hort und manchmal auch mit Mama, das finde ich auch gut so. Ich übe am liebsten mit Mama, Papa und Oma.”

Nachhilfe ist nötig, aber stressig: Mama Britta und Tochter Pauline

Britta L. sieht sich in der Verantwortung, ihr Kind zum Lernen zu motivieren. Allerdings möchte sie selbst ihrer Tochter keine Nachhilfe geben, um Streit und Stress in der Familie zu vermeiden.

“…Ich finde, die Grundschule ist ein furchtbar einschneidendes Erlebnis – nicht nur für die Eltern, sondern insbesondere für die Kinder. Keiner hat sie darauf vorbereitet, eine Stunde still zu sitzen, zu lernen oder die Hausaufgaben zu erledigen. Meine Tochter Pauline geht inzwischen in die fünfte Klasse und Max in die erste. Die Anforderungen an die Kinder sind meiner Meinung nach so hoch, dass wir Eltern gar keine andere Wahl haben, als die Kinder selbst zu fördern. Und fördern heißt für mich nicht nur, das Lernen und Erledigen von Hausaufgaben, sondern vielmehr dahin gehend fördern, dass die Kinder nicht den Spaß an Schule und somit am Lernen verlieren.

Nachhilfe als Mutter zu geben, ist bei uns unmöglich. Schon die Hausaufgaben münden bei uns nicht selten im Streit. Der Streit hat vielschichtige Gründe. Mal ist es die unkonzentrierte Null-Bock-Haltung, mal wird alles husch, husch gemacht und Fehler entstehen, mal ist die Sorgfalt nicht gegeben usw. Dann wird der Ton schärfer, gefolgt von der Moralpredigt „wie wichtig das doch alles für das weitere Leben ist“ und schon sind die Fronten verhärtet. Aufgrund dieser Situation ist eine Nachhilfe überhaupt nicht denkbar. Ich würde die Nachhilfe immer einer familienunabhängigen Person überlassen. Ich glaube, dass sich die Kinder hier weniger ‘ertappt’ fühlen und so viel offener für Erklärungen sind.” Britta L., Mutter von Pauline

Mama und Papa unterstützen

Und das sagt Pauline:

 “Ich mache meine Hausaufgaben allein, außer ich verstehe etwas nicht. Manchmal kontrolliert Mama. Ich übe gern mit Mama oder Papa, weil ich denen alle Fragen stellen kann und sie nicht denken, ich hätte im Unterricht nicht aufgepasst. Und ich kann Fragen auch mal doppelt stellen. Manchmal ist die Schule stressig, wegen der Hausaufgaben, die dann sehr viel sind und es bleibt dann kaum Zeit für Freizeit.” Pauline ist nicht mehr in der Grundschule, sondern schon in Klasse 5.

 

Strukturen sind wichtig: Mutter Ursula und Sohn Jannik

Ursula R. versucht, durch kleine Belohnungen während der Hausaufgaben ihr Kind zum Lernen zu motivieren.

Unser Tagesablauf ist sehr geregelt und wird nur im äußersten Fall geändert. Es ist ein wichtiger Aspekt und eine große Hilfe für Kinder. Wenn mein Sohn nach Hause kommt, wird entweder gegessen oder an Tagen, wo er Mittagsschule hatte, sofort mit den Hausaufgaben begonnen. Es ist nicht von Bedeutung, ob die Hausaufgaben für den folgenden Tag aufgegeben wurden oder erst für die nächste Woche – sie werden an dem Tag erledigt, an dem sie aufgegeben wurden. Ich achte allerdings drauf, dass er nach 1,5 Stunden eine kleine Pause einlegen kann. Etwas naschen eignet sich für kurze Pausen hervorragend. Das Kind freut sich und ist dementsprechend weiter motiviert. Ich mache grundsätzlich die Hausaufgaben gemeinsam mit meinem Sohn.“  Ursula R., Mutter von Jannik

Positive Energie von Mama

Und das sagt Jannik: „Meine Mama gibt mir immer positive Energie und hilft mir sehr oft, wenn ich es wirklich nicht verstehe und es schwierig ist. Der Lehrer erklärt es oft sehr kompliziert und schnell. Man hat oft nicht die Zeit noch mal nachzufragen.“ Jannik ist schon in Klasse 6.

 

Hausaufgabenkontrolle und Lernen aus Fehlern: Mutter Manuela

Manuela S. muss häufig nach Nachmittagsaktivitäten ihr Kind zum Lernen motivieren. Häufig kommt es dabei zu Streit, weil ihr Sohn dann müde und lustlos ist.  

„Wirklich Nachhilfe geben wir nicht, weil es nicht notwendig ist, aber ich kontrolliere regelmäßig die Hausaufgaben, zwei bis vier Mal die Woche. Das Üben ergibt sich aus den Fehlern, die dort gemacht wurden. Wir empfinden schon nur die Hausaufgabenkontrolle als sehr anstrengend, obwohl unser Sohn gar kein schlechter Schüler ist. Aber wenn man dann vom Sportprogramm, Freunde treffen, Kindergeburtstag, Arztbesuch, Friseur oder was auch immer ständig in dem Kinderleben stattfindet, kommt, dann ist das Kind auch kaputt und mag einfach nicht mehr. Ihn dann noch mal zu motivieren, ist anstrengend und endet oftmals in Blockaden. Wenn er dann doch loslegt, dann läuft es, aber der Weg dahin ist meist doof für alle.“  Manuela S., Mutter eines achtjährigen Sohnes.

Wie kritisch Experten den zunehmenden Druck auf Eltern und Kinder beurteilen, und wie schulische Unterstützung zu Hause gelingen kann, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Thema. Weitere Infos, Einschätzungen und Tipps zum Thema Nachhilfe gibt es auch bei den Experten von Schulpsychologie.de und in unserem Ratgeber Nachhilfe.

Hinweis: Um die Privatsphäre der Familien zu schützen, haben wir die Namen einiger Mütter und Kinder geändert.

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.