Das pubertierendste Pubertätskind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch die Pubertät

Katharina Looks

Von Weitem wirken sie friedlich, doch: Pubertierende können Eltern schnell und zielsicher verrückt machen
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Pubertät und Kinder: Ratgeber mit diesem Titel gibt es zuhauf. Unser Kolumnist hat Tipps verfasst, dank welchen sich die Pubertät Ihres Kindes so friedvoll wie ein “Mantra-Meeting bekiffter Hare-Krishna-Anhänger” gestaltet.

Eine Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb.

Erinnern Sie sich noch an die Trotzphase Ihres Kindes? Als es sich im Hausflur auf dem Boden wälzte, weil es nicht alleine die Treppe hochlaufen wollte? Oder als es einen Tobsuchtsanfall bekam, weil Sie sein Brot in Würfel statt in Streifen schnitten? Oder als es den Supermarkt zusammenbrüllte, weil es kein Überraschungsei bekam?

Wenn Sie mit Wehmut an diese Zeit zurückdenken, befindet sich Ihr Kind wahrscheinlich gerade in der Pubertät. Die Hormonproduktion läuft auf Plansoll-Übererfüllung, Körper und Geist verändern sich, das Kind ist permanent schlecht gelaunt und es gibt jeden Tag lautstarke Auseinandersetzungen, gegen die die Kuba-Krise ein Picknick an einem lauen Sommertag war.

Die Pubertät muss aber nicht alle Beteiligten an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen. Mit den folgenden Tipps und Tricks wird diese herausfordernde Phase im Leben Ihres Kindes so friedvoll wie ein Mantra-Meeting bekiffter Hare-Krishna-Anhänger.

Die Kommunikation: Words don’t come easy

Wenn Ihr Kind gerade in dem Alter ist, in dem es den ganzen Tag ununterbrochen plappert, bis Ihnen das Blut aus den Ohren läuft, kann ich Sie beruhigen: Diese Phase wird vorübergehen! Mit Eintritt in die Pubertät retardiert die Sprache Ihres Kindes auf unterkomplexe Ein-Wort-Sätze: „Hm“, „Nö“, „Vielleicht“, „Okay“ oder „Weißnich“. Noch häufiger wird sich Ihr Kind mit unartikulierten Grunzlauten ausdrücken.

Um den Dialog mit Ihrem pubertierenden Kind aufrechtzuerhalten, sollten Sie einen Experten aus dem Sprachendienst des Auswärtigen Amtes engagieren, der auf exotische Fremdsprachen spezialisiert ist und für Sie dolmetscht. Oder Sie stellen gleich einen Tierstimmenimitator ein, der für die nächsten Jahre die Kommunikation mit Ihrem Kind übernimmt.

Sprachlich reduziert der Teenager die Kommunikation auf das Minimum – lässt dafür aber gerne mal Gestiken für ihn sprechen
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Die Schule: We don’t need no education

Hausaufgaben und Lernen ist ein steter Quell für Streit und Zoff zwischen Eltern und Kindern. Wenn man unentwegt darüber nachdenkt, wie es wäre, mit Susanne aus der 9b zu knutschen (oder wahlweise mit Ralf aus der 10a), ganze Tage damit verbringt einen neuen Minecraft-Rekord aufzustellen, oder sich voll und ganz auf eine Karriere als YouTuber konzentriert, bleibt selbstverständlich keine Zeit, um sich für Algebra, englische Sonette oder Abläufe der Photosynthese zu interessieren.

Glücklicherweise gibt es eine ganz einfache Lösung: Erzählen Sie Ihrem Kind, dass Sie früher auch keinen Bock auf Schule gehabt und lieber Computer gespielt hätten. Man könne ja mal zusammen abhängen, ein bisschen an der Playsie zocken und ein paar Musical.ly-Videos aufnehmen. Ihr Kind wird sich sofort in seine Hausaufgaben stürzen, denn es gibt für pubertierende Jugendliche keine schlimmere Vorstellung, als Zeit mit den Eltern verbringen zu müssen.

Die Körperpflege: It smells like teen spirit

Mit der Pubertät setzen starke körperliche und damit einhergehend olfaktorische Veränderungen ein. Während die jugendlichen Drüsen ununterbrochen Schweiß und Talg produzieren, sinkt gleichzeitig die Bereitschaft des pubertierenden Kindes, sich auch nur der basalsten Körperhygiene zu widmen. Sie als Eltern sind dabei die Leidtragenden, denn Sie müssen die nächsten Jahre Ihren Essenstisch mit einem verpickelten, fetthaarigen Moschusochsen teilen.

Dieses Problem lässt sich lösen, sobald Ihr Kind Interesse an romantischen Beziehungen entwickelt. Dann können Sie Susanne aus der 9b (oder wahlweise Ralf aus der 10a) alle paar Wochen einen 10er zustecken, damit sie sich auf einen Date mit Ihrem Kind treffen. Sie werden erstaunt sein, wie ein wasserscheuer Pubertant plötzlich Stunden im Bad verbringt, freiwillig duscht, die Haare wäscht, seine Zähne putzt, einen Kamm benutzt und sich mit wohlduftenden Parfüms einnebelt. Und mit ein wenig Glück zieht er sogar frische Klamotten an.

Eltern und andere Verwandschaft tun gut daran, das Zimmer eines Jugendlichen für die nächsten Jahre zu meiden
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Der Ordnungssinn: don´t touch this

Pubertierende Jugendliche haben ein sehr spezielles Empfinden von Ordnung und Sauberkeit. Nämlich gar keins! In einer Mischung aus Ignoranz, Trotz und Lethargie ist es ihnen vollkommen egal, wenn sich in ihren Zimmern schmutzige Wäsche, leere Chipstüten, vergorenes Obst, stinkende Socken, verkrustete Müslischalen, verknickte Schulbücher, verschimmelte Joghurtbecher und zerfledderte Kladden zu einer begehbaren Installation türmen. Hormonell bedingt sind sie schlichtweg nicht in der Lage, das Chaos und den Müll wahrzunehmen. Entsprechend reagieren sie unwirsch und mit Unverständnis auf Aufforderungen, ihr Zimmer aufzuräumen.

Diese Konflikte können Sie nur umgehen, wenn Sie zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr das Zimmer Ihres Kindes nicht betreten. Dies erspart Ihnen tägliche Eltern-Kind-Konflikte und wird Ihnen sogar Ruhm und Geld einbringen: Nach der Pubertät werden Archäologen möglicherweise im Kinderzimmer eine untergegangene Maya-Zivilisation finden. Oder Biologen entdecken eine neue Tierart, die nach Ihnen benannt wird. Aber das Beste: Von den Pfandflaschen, die Ihr Kind über die Jahre gebunkert hat, können Sie sich endlich den lang gehegten Wunsch einer vierwöchigen Luxus-Kreuzfahrt erfüllen.

Umgeben von Mönchen findet Ihr Teenager vielleicht Ruhe – Sie haben sie dann auf jeden Fall
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Die Emotionen: It’s the end of the world as we know it (but I feel fine)

Besonders herausfordernd ist die emotionale Achterbahn, die Ihre Kinder in der Pubertät durchlaufen. Sie sind sentimental, ausgelassen, zornig, fröhlich, traurig, wütend, euphorisch oder albern. Und diese Zustände wechseln schneller als bei einem Borderliner, der seine Medikamente nicht genommen hat. Dadurch gibt es unentwegt Streit, weil Sie als Eltern nicht in der Lage sind, die Gefühlsschwankungen Ihres Kindes vorherzusagen.

Hier gibt es nur einen Ausweg: Schicken Sie Ihr Kind für die Zeit der Pubertät in ein buddhistisches Zen-Kloster (vorzugsweise nach Rudraprayag im Himalaya, wohin es keine direkten Flugverbindungen gib). Die dortigen Mönche ruhen in sich selbst und lassen sich von den Emotionsausbrüchen Ihres Kinders nicht aus dem inneren Gleichgewicht bringen. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie sich doch mal aufregen, meditieren sie Ihren Zorn einfach weg.

Kommt Ihr Sprössling dann mit 17, 18 Jahren wieder zurück, nachdem er gereift und erleuchtet ist, werden Sie feststellen, dass die Pubertät Ihres Kindes die entspannteste Zeit Ihres Elternlebens war.

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Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor Christian Hanne

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog “Familienbetrieb”, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.